nd-aktuell.de / 03.01.2018 / Ratgeber / Seite 27

»Soko Kripo« ermittelt schwarze Schafe

Versicherungsbetrug

Hermannus Pfeiffer

Kunden unter Generalverdacht? Nein, wiegelt Roland Stoffels von der Kommission Kriminalitätsbekämpfung ab. Stoffels leitet beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) die sogenannte Soko Kripo. Doch der »Volkssport Versicherungsbetrug« führe jährlich zu Schäden zwischen vier und fünf Milliarden Euro. Deshalb habe man neue Modelle für die Betrugsabwehr entwickelt, berichtet das Fachblatt »Versicherungsjournal«. Die neuen Hoffnungsträger heißen »Machine Learning«, Netzwerkanalyse oder Bildforensik.

Nach Eischätzung des GDV enthält jede zehnte Schadenmeldung noch zurückhaltend gesagt »Ungereimtheiten«. In der Haftpflichtversicherung liege die Dunkelziffer bei 16 Prozent. Experten sehen sogar einen Trend nach oben: Durch Globalisierung und Digitalisierung entstehen neue Betrugsmöglichkeiten. So gibt es heute kaum noch persönliche Kontakte zwischen Kunden und Versicherer.

Die Branche schlägt zurück

Die Branche will jetzt mit »Advanced Analytics« gegensteuern. »Wir brauchen zwingend eine technische Unterstützung«, wird Stoffels zitiert. Im Hauptberuf leitet er das Schadenmanagement des italienischen Konzerns Generali in Deutschland.

Mit Hilfe mathematischer Methoden werden Gemeinsamkeiten und Unregelmäßigkeiten bei einer Vielzahl von Schäden aufgedeckt. So würden durch »Machine Learning« Wahrscheinlichkeiten ermittelt, die zu einer genauen Prüfung eines neuen Schadens führen können. Mittels Netzwerkverbindungen würden Bankverbindungen gecheckt. Beispielsweise schaue man, ob es mögliche parallele Schadenmeldungen gebe, die über dasselbe Konto abgewickelt wurden.

Mittels Bildforensik würden digitalisierte Bilder, die die Kunden schicken, auf Manipulationen überprüft, erklärte der Vorsitzende der Soko Kripo. Aus dem eingegangenen Datensatz könne man ablesen, ob etwa an einem angeblichen Blechschaden manipuliert worden sei, wann das Beweisfoto erstellt und wo es aufgenommen wurde. So komme man sogar Kilometerstandfälschungen oder falschen Reparaturrechnungen auf die Spur.

Trotz aller Technik, letztlich bleibe die Verantwortung beim zuständigen Sachbearbeiter. Eine automatisierte Entscheidung durch Computer werde es nicht geben, versichert der GDV. Und selbstverständlich bleiben die Ermittlungen im Rahmen des Datenschutzes.

Nach vier Jahren gelöscht

Der Versicherungsverband sammelt im »Hinweis- und Informationssystem der deutschen Versicherer«, kurz HIS, die von den beteiligten Unternehmen eingereichten Meldungen. Die Daten werden in der Regel gemäß Bundesdatenschutzgesetz nach vier Kalenderjahren gelöscht. Die Frist beginnt mit dem Kalenderjahr, das der erstmaligen Speicherung folgt. Sie kann also bis zu vier Jahre und 364 Tage dauern, wenn etwa die Eintragung am 2. Januar erfolgte. Die Frist verlängert sich, wenn es vor Ablauf zu einer weiteren Meldung kommt.

Unschuldige geraten ins Visier

Seit 2011 wird HIS von der Informa HIS GmbH, ein Auskunfteibetrieb der Bertelsmann-Gruppe, geführt. Weitere Infos zum HIS finden Sie auf der Internetseite des Versicherungsverbandes GDV (www.gdv.de[1]).

Mittelbar nutzt HIS nicht allein den Unternehmen, sondern auch ehrlichen Kunden. Doch gibt es Kritik an diesem System. »Generell geraten Versicherungsnehmer, die über kurze Zeiträume mehrere Schäden zur Regulierung anmelden, ins Visier der Unternehmen«, warnen die Verbraucherzentralen. So könnten beispielsweise in der Wohngebäude- oder Hausratversicherung schnell zwei, drei Schäden in einem Jahr zusammenkommen - ohne dass dies verdächtig sein müsse.

Wie dem auch sei. Nicht allein für Pechvögel ist es gut zu wissen, welche Daten in der HIS-Datei gespeichert sind. Wie in jeder Datei kann es bei den Einträgen zu entscheidenden Fehlern kommen. Diese können sich für Betroffene negativ auswirken: Höhere Prämien für den gesuchten Versicherungsschutz oder gar die Verweigerung eines Vertragsabschlusses. Außerdem können nicht nur falsche Einträge zu einer Prämienerhöhung oder Vertragsverweigerung führen, sondern auch Meldungen über bereits abgelehnte Anträge bei anderen Versicherern, etwa wegen einer Vorerkrankung.

Deshalb ist es für Versicherte ratsam, das Recht auf kostenlose Selbstauskunft pro Jahr zu nutzen und bei Fehlern eine Korrektur einzufordern. Der Antrag ist schriftlich unter Beifügung einer Ausweiskopie zu stellen bei:

Informa HIS GmbH

Abteilung Datenschutz

Kreuzberger Ring 68

65205 Wiesbaden

Das dazugehörige Formular finden Sie auf deren Internetseite www.informa-his.de.[2]

Links:

  1. http://www.gdv.de
  2. http://www.informa-his.de.