nd-aktuell.de / 04.01.2018 / Politik / Seite 6

Der Luftkampf geht weiter

Unionsexperte geht EU-Wettbewerbsbehörden wegen des Verkaufs der Air-Berlin-Tochter Niki an

René Heilig

»Die Zukunft von Niki ist gesichert.« So begann eine noch am 29. Dezember eilig herausgegebene Pressemitteilung des vorläufigen Insolvenzverwalters der Pleite-Fluglinie, Lucas F. Flöther. Er hatte ein »Wunder« vollbracht und in Windeseile große Teile der im Zuge der Air-Berlin-Pleite bereits gegroundeten Luftverkehrsgesellschaft an einen Käufer gebracht.

Während bei der Unternehmensberatung Flöther und Wissing, deren deutschen Partner Roland Berger, bei einigen in den Kreisen hoch geschätzten Anwaltskanzleien sowie beim Generalbevollmächtigten von Air Berlin, Frank Kebekus, zum Jahreswechsel die Sektkorken knallten, hatten Tausende Beschäftigte der weitgehend aufgelösten Air-Berlin-Gruppe kaum Grund, auf ein gutes neues Jahr anzustoßen. Zu ungewiss ist ihre berufliche Zukunft und damit auch die soziale ihrer Familien.

Die Niki Luftfahrt GmbH hatte am 13. Dezember 2017 Insolvenzantrag gestellt, nachdem ihr Verkauf an die Lufthansa-Gruppe vor allem an der fehlenden Zustimmung der EU-Kommission gescheitert war. Erworben wurde Niki nun von einer österreichischen Tochtergesellschaft des spanischen Luftverkehrsunternehmens Vueling Airlines S.A. Die Gesellschaft übernimmt die Markenrechte, alle Start- und Landerechte sowie bis zu 15 Airbus-Flugzeuge. Zudem wurde versprochen, zwei Drittel der Beschäftigten - das sind rund 740 Angestellte - zu übernehmen.

Was qualifiziert Vueling als Käufer? Auf den ersten Blick eigentlich nichts. Bis auf den Flugverkehr nach Mallorca haben Niki und die spanische Touristen-Airline wenig gemeinsam. Doch hinter Vueling steht die britische International Airlines Group (IAG). Das ist bislang der drittgrößte europäische Luftfahrtkonzern, zu dem auch British Airways, Iberia, Aer Lingus und Level gehören. Die Übernahme der Air-Berlin-Tochter Niki macht die British-Airways-Mutter vorübergehend zur »Nummer Zwei«. Dominiert wird das Geschäft jedoch weiter vom Lufthansa-Konzern, zu dem neben der Kranich-Mutter-Gesellschaft auch Eurowings, Austrian, Swiss samt Edelweiss, Brussels und neuerdings auch LGW gehören.

Nicht nur, weil die überdeutlich potente Lufthansa, die gerade große Teile von Air Berlin geschluckt hatte, nicht zum Zuge kam, wächst in Deutschland Kritik am Niki-Verkauf. Die deutsche Airline war bereit, rund 190 Millionen Euro zu zahlen. Weil die EU-Behörden dennoch kein grünes Licht gaben, zog Lufthansa das Angebot zurück und konzentriert sich nun auf Alitalia.

Doch so einfach wollen insbesondere Politiker von CSU und CDU den Deal nicht verloren geben. Sie fordern eine Untersuchung des Niki-Verkaufs. CSU-Haushaltsexperte Hans Michelbach moniert vor allem, dass die EU-Wettbewerbsbehörde »einen Interessenten vergrault, der bereit war, für Niki rund 200 Millionen Euro zu zahlen«, und dass die Pleitegesellschaft nun »für die lächerliche Summe von 20 Millionen Euro« an die britische Holding verscherbelt wird.

Den Schaden hat der deutsche Steuerzahler. Michelbach erinnert an den staatlichen Überbrückungskredit über 150 Millionen Euro, den die schwarz-rote Bundesregierung im vergangenen Sommer der ehemaligen Niki-Mutter Air Berlin zukommen ließ, damit die keine unkontrollierte Bruchlandung hinlegt. Davon, so die Befürchtung des CSU-Mannes, wird man nun wohl nichts wiedersehen. Die EU-Kommission wies die Kritik als »unbegründet« zurück. Die Insolvenzverwalter von Niki hätten eine Reihe von Angeboten erhalten und sich in einem unabhängigen Prozess nun für IAG entschieden, sagte eine Sprecherin der Kommission am Dienstag.

Doch auch der juristisch vorgetragene Widerstand gegen die Niki-Übernahme durch die IAG-Tochter Vueling wächst. Vor allem die österreichische Firma für Fluggastrechte Fairplane macht sich da stark. Sowohl in Österreich wie auch beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg liegen Beschwerden vor. Die Berliner Richter hatten sich Mitte Dezember für das Insolvenzverfahren zuständig erklärt, obwohl die Air-Berlin-Tochter Niki ihren Unternehmenssitz in Wien hat. Ein Sprecher des Insolvenzverwalters Flöther warnte am Dienstagabend via Österreichs Nachrichtenagentur APA: »Wenn die Beschwerde gegen das Insolvenzverfahren in Deutschland Erfolg hat, gerät die Rettung von Niki insgesamt in Gefahr.«

Derweil hat das Verkehrsministerium in Wien am Mittwoch erst einmal die Betriebsgenehmigung der Niki-Airline um drei Monate verlängert. Grund: Über alle aufkommenden Streitigkeiten hinweg sollen die lukrativen Slots, also die Start- und Landerechte von Niki, erhalten bleiben. Denn ohne die hat auch der IAG-Konzern kein Interesse mehr an Niki.