nd-aktuell.de / 08.01.2018 / Politik / Seite 20

Hier ist die Welt noch in »Ordnung«

Indonesier qualmen wie nirgendwo sonst

Barbara Barkhausen, Sydney

Im Rest der Welt sind selbst die Tabakkonzerne dabei, der Zigarette so langsam aber sicher den Rücken zu kehren. Sogar Philip-Morris-Chef André Calantzopoulos läutete im Interview mit der BBC Ende 2016 schon das »Ende der Zigarette-Ära« ein. Als Alternative schlug er damals die Elektro-Tabakzigarette vor.

Fakt ist, dass Werbeverbote, hohe Steuern und schockierende Fotos auf Verpackungen den Vertrieb von Zigaretten in vielen Ländern immer schwerer machen. Die meisten Menschen sind über die potenziell tödlichen Folgen des Rauchens informiert, das »coole« Image ist der Branche vielerorts abhandengekommen. In diesem Todeskampf klammert sich die Industrie an Länder mit weniger strengen Regulierungen und einer Kultur, in der Rauchen noch positiv besetzt ist: Indonesien ist das markanteste Beispiel. Als die Regierung im November den Verkauf von E-Zigaretten-Materialien beschnitt, empfahl der Handelsminister Betroffenen, doch zu »regulären Rauchern« zu werden.

Dabei sterben jährlich 200 000 der 260 Millionen Indonesier an den Folgen des Tabaks. Der Inselstaat hat die höchste Raucherquote der Welt. Rauchten 2000 noch 56 Prozent der Männer, waren es 2015 bereits 76 Prozent. Rauchen ist eine fast ausschließlich männliche Angewohnheit. Bereits ganz kleine Jungen hängen am Glimmstängel: 2010 ging die Nachricht eines zweijährigen Rauchers um die Welt. Der hat das Rauchen aufgegeben, doch über fünf Millionen Kinder rauchen nach wie vor.

Indonesien hat zudem als einziges Land in der Asien-Pazifik-Region das Rahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation zur Eindämmung des Tabakgebrauchs nicht unterzeichnet. Die dortige Tabakindustrie ist mächtig. Die meisten Indonesier rauchen »Kretek«-Zigaretten, die zum Teil aus geschroteten Gewürznelken bestehen und den Tabak so »abschwächen«, aber mindestens genauso gesundheitsschädlich sind wie herkömmliche Zigaretten.

Internationale Tabakfirmen wie Philip Morris International (PMI) und British American Tobacco (BAT) haben ihre Chance erkannt. PMI hat 2005 den indonesischen Kretekproduzenten Sampoerna gekauft, BAT 2009 das Unternehmen Bentoel. Massive Werbung im Fernsehen und Kino, an Lastwagen und Hauswänden drängt bekannte Gesundheitsrisiken in den Hintergrund. Stattdessen wird die Botschaft vermittelt, Rauchen sei männlich. Der Trend hat zum enormen Anstieg des Rauchens in den besser gestellten Klassen geführt. Doch es gibt Ausnahmen: So hat der Ort Penas bei Jakarta 2017 weltweit Schlagzeilen gemacht, als sie sich zur zigarettenfreien Zone erklärte und eine Kampagne gegen das Rauchen startete.