Verkehrsplanung für Mobile

Experten fordern, die Bedürfnisse Älterer besser zu berücksichtigen

  • Manfred Wieczorek, Wuppertal
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.

Viele ältere Menschen hören und sehen schlechter, sind nicht mehr so schnell auf den Beinen. Noch ist die Verkehrsplanung kaum auf die Belange dieser Menschen eingestellt. Doch schon bald wird jeder Europäer älter als 65 Jahre alt sein, wie Demographen schätzen. Mit der Frage, wie eine Verkehrsinfrastruktur für eine alternde Gesellschaft aussehen sollte, beschäftigten sich unlängst die 4. Internationalen Verkehrstage an der Universität Wuppertal.

»Verkehrsplanung ist immer noch zu sehr darauf ausgelegt, ein hohes Verkehrsaufkommen möglichst rasch abzuwickeln«, sagt Dirk Boenke. Der Experte vom Fachbereich Verkehr der Wuppertaler Universität hält es deshalb für wichtig, Verkehrsplaner für die Bedürfnisse älterer Menschen zu sensibilisieren. Der Verkehr müsse langsamer, besser sicht- und einschätzbar ablaufen, empfiehlt er. Im Jahr 2005 war fast jeder zweite im Straßenverkehr getötete Fußgänger und Radfahrer älter als 65 Jahre. »Das Überqueren von Straßen oder das Linksabbiegen mit dem Fahrrad erweisen sich oft als tückisch«, weiß Boenke. Zu kurze Ampelphasen und unübersichtliche Situationen beim Linksabbiegen führt er als Beispiele an. Maßnahmen für Rollstuhlfahrer oder Blinde seien nicht zwangsläufig auch für Ältere hilfreich. Akkustische Signale etwa helfen einem in seiner Sehfähigkeit eingeschränkten Menschen nicht. Boenke plädiert für eine kontrastreiche Gestaltung von Verkehrssituationen, um die Orientierung zu erleichtern. Auch sei das gut Gemeinte nicht immer gut gemacht, beklagt der Verkehrsexperte. Taktile Bodenelemente wie Warn- und Orientierungslinien seien für Blinde zwar wichtig, aber in der Praxis manchmal so gestaltet, dass sie zu Fallen für Rollstuhl- oder Radfahrer würden. »Man braucht eben eine ganzheitliche Sicht, um den unterschiedlichen Bedürfnissen gleichermaßen gerecht werden zu können«, lautet Boenkes Rat. Nicht allein die Verkehrssicherheit gilt es zu berücksichtigen. »Mobilität ist ein Stück Lebensqualität und hält soziale Kontakte aufrecht«, sagt Barbro Rönsch-Hasselhorn von der Eugen-Otto-Butz-Stiftung. Wer sich nicht mehr sicher genug fühle, um mit dem eigenen Auto unterwegs zu sein, oder keines besitze, sei auf öffentliche Verkehrsmittel und eine gute Infrastruktur im Nahbereich angewiesen. Taktdichte, kurze Wege zu den Haltestellen, barrierefreie Einstiege in Bus und Bahn sowie gut lesbare Fahrpläne stünden auf dem Wunschzettel der Senioren. Hinzu kommen Sicherheitsfragen und Servicepersonal, das etwa bei Fragen nach Anschlussverbindungen helfen kann. Untersuchungen haben gezeigt, dass mit zunehmenden Alter die zu bewältigende Weglänge kürzer wird. »Die Bedürfnisse älterer Menschen nach einer Nahversorgung steigen mit Dienstleistungen und Dingen des täglichen Bedarfs«, erläutert Rönsch-Hasselhorn. Sie plädiert für eine Stadt der kurzen Wege, wozu eine engere Verzahnung von Verkehrs- und Stadtplanung nötig sei. Die Verkehrsexperten forderten in Wuppertal großräumige Betrachtungen statt der Fixierung auf Einzelplanungen von Straßen. Kommunen müssten die von älteren Menschen bevorzugte Routen identifizieren und beispielhaft gestalten. Dabei sollte auch eine Verschiebung der Baumaßnahmen von der Straß...

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