nd-aktuell.de / 11.01.2018 / Berlin / Seite 9

Volle Kassen wie noch nie

Berlins Landeshaushalt erzielt mit 2,2 Milliarden Euro Überschuss ein historisches Ergebnis

Jérôme Lombard
Sparen, bis es quietscht, war gestern: Berlin hat das Haushaltsjahr 2017 so erfolgreich wie noch nie abgeschlossen. Mit einem Überschuss von rund 2,1 Milliarden Euro hat das viele Jahre hoch verschuldete Land ein historisch gutes Ergebnis erzielt.

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte die erfreuliche Nachricht bereits am Dienstag verbreitetet und den Rekordüberschuss, der den grundsätzlich positiven Trend der vergangenen sechs Jahre fortsetzt, als »Erfolg der rot-rot-grünen Koalition« bezeichnet. Am Mittwoch zog Finanzsenator Michael Kollatz-Ahnen (SPD) nach: »Der rechnerische Finanzierungsüberschuss von 2,2 Milliarden Euro eröffnet Berlin erneut großen Spielraum für Investitionen in die wachsende Stadt.« Gleichzeitig könne man mit der Summe einen wesentlichen Beitrag zur Schuldentilgung leisten. Dies würde die Zinslasten für die Zukunft nachhaltig reduzieren, so der Finanzsenator.

Die Gründe für das positive Jahresergebnis seien vor allem auf die guten konjunkturellen Rahmenbedingungen in Deutschland und Berlin zurückzuführen. Die stetig wachsende Bevölkerung in der Hauptstadt bringe auch wachsende Steuereinnahmen mit sich. Mehr Einwohner würden zudem einen höheren Betrag für Berlin aus dem Länderfinanzausgleich zwischen Bund und Ländern mit sich bringen. Erfreut zeigte sich Kollatz-Ahnen auch über die Haushaltszahlen auf der Ausgabenseite.

Mit rund 8,2 Milliarden Euro habe man die im Vorfeld angenommenen Planungen bei den Personalausgaben erreicht. Auch die Kosten für die Unterbringung von Geflüchteten seien wesentlich niedriger als gedacht gewesen. Deshalb wurden die im Nachtragshaushalt 2017 auf rund 14,7 Milliarden Euro erhöhten konsumtiven Sachausgaben um rund 380 Millionen Euro unterschritten. »Es war richtig, ausreichend Vorsorge zu treffen, weil wir auch mit dem Haushalt handlungsfähig sein wollten für den Fall, dass nicht 800 Flüchtlinge pro Monat kommen, sondern 1000«, sagte Kollatz-Ahnen.

Während die Freude über die gute finanzielle Jahresbilanz bei allen Koalitionsparteien groß ist, herrscht Uneinigkeit darüber, wie man mit dem unerwartet hohen Überschuss am besten umgeht. Der Finanzsenator hat bereits konkrete Vorstellungen: 1,1 Milliarden Euro sollen in die Tilgung von Schulden fließen, die derzeit bei 59,4 Milliarden Euro liegen. Die restlichen rund eine Milliarde Euro sollen dem Sondervermögen »Infrastruktur der Wachsenden Stadt und Nachhaltigkeit« (SIWANA) zugeführt werden.

Die Mittel aus dem SIWANA-Topf sollen nach den Überlegungen der Finanzverwaltung in zentrale Großprojekte gesteckt werden. Zu diesen strategisch wichtigen Zukunftsinvestitionen zählen der Ankauf von Grundstücken zum Wohnungsbau, die Modernisierung der S-Bahn-Flotte und die Erhöhung der Pensionsrücklagen für die Altersvorsorge der Berliner Beamtenschaft. Auch eine mögliche Aufstockung der Haushaltszuschüsse für den Flughafen BER wäre damit möglich.

Die Grünen wollen da nicht mitmachen. »Ich halte es nicht für sinnvoll, in das BER-Projekt weitere öffentliche Gelder reinzupumpen, nur weil man sie jetzt hat«, sagte Anja Schillhaneck, finanzpolitische Sprecherin der Grünen, dem »nd«. Grundsätzlich halte sie die Vorschläge des Finanzsenators für eine gute Diskussionsgrundlage. »Die Tilgung von Schulden ist nicht grundsätzlich böse«, so Schillhaneck. Wichtig sei aber auch die nachhaltige Investition in Krankenhäuser, Kitas und die Verkehrsinfrastruktur. »Wir werden als Koalition gute gemeinsame Lösungen finden, wie wir mit den überschüssigen Geldern umgehen«, zeigte sich die Grünen-Politikerin überzeugt.

Der LINKE-Finanzexperte Steffen Zillich zeigte sich ebenfalls optimistisch. »Für uns ist entscheidend, dass die Investitionen in die Zukunft Berlins nicht zu kurz kommen«, sagte er. Als wichtige Punkte nannte er die öffentliche Daseinsvorsorge sowie die S-Bahn-Infrastruktur. Im Fall des BER sieht Zillich die Flughafengesellschaft am Zug. Sie stünde in der Pflicht, ohne weitere Haushaltszuschüsse auszukommen. »Wenn darüber hinaus allerdings doch noch Bedarf an Geldern bestehen sollte, müssen wir noch einmal darüber reden«, so Zillich.