»Geparkte« Luft im Tropenhaus

Mit moderner Technik soll künftig der Energiebedarf halbiert werden

  • Steffi Bey
  • Lesedauer: 3 Min.
Normalerweise dürfen Besucher die Bauarbeiten im Großen Tropenhaus des Botanischen Gartens durch eine Glastür verfolgen. Von weitem blicken sie dann auf den fast 40 000 Quadratmeter großen Raum, in dem seit August 2006 die Handwerker das Sagen haben. Doch gestern konnten Interessierte die Baustelle in Steglitz hautnah erleben. Der Sanierungsbeauftragte der Freien Universität Berlin, Michael Krebs, führte durch den denkmalgeschützten Bau. Für Wolfgang Arndt war das ein ganz besonderes Erlebnis. Schließlich arbeitete der 72-Jährige einst auf diesem Gelände. Von 1955 bis 1969 beheizte er die riesigen Gewächs- und Ausstellungshäuser an der Königin-Luise-Straße. »Eine körperlich schwere Arbeit und vor allem dreckig«, wie er sagt. Das ist lange her. Längst werden die Pflanzen nicht mehr auf der Grundlage von Kohlen »warm gehalten«. Was Michael Krebs anschaulich erklärt, überrascht den ehemaligen Heizer doch. So wird künftig ein hochmodernes Heizungs- und Klimatisierungssystem für die richtigen Temperaturen sorgen. »Denn das Augenmerk des Sanierungsprojektes liegt auf der Halbierung des Energiebedarfs«, betont der Experte. Dafür werden unter den Beeten, die sich dicht an der Fassade befinden, Heizluftgebläse versenkt. Außerdem installieren die Handwerker in den nächsten Wochen zwei riesige Türme in der Mitte des Tropenhauses. Die 16 Meter hohen Baukörper sollen die nach oben steigende warme Luft wieder nach unten absaugen. »Der Clou dabei ist, wir können die Wärme durch die neuartige Technologie speichern«, sagt der Sanierungsbeauftragte. Auf diese Weise werde praktisch Tropenluft »geparkt« und könne nach Bedarf nachts wieder abgegeben werden. Während Krebs in die Zukunft blickt, steht die kleine Gruppe auf einem Turm-Fundament. »Zwei solche Riesenbetonklötze sehen doch nicht schön aus, bleiben die so«, fragt eine ältere Dame. Krebs kann die Befürchtungen aus dem Weg räumen. Er erklärt, die Klötze werden später nicht mehr wahrgenommen, sondern kunstvoll als Urwaldbäume getarnt sein. Noch fällt es den Zuhörern allerdings schwer, sich das Tropenhaus gefüllt mit rund 4000 Pflanzen vorzustellen. Ende 2008 soll es wieder wie in ein tropischer Regenwald dekoriert sein. Bis dahin bleiben die Gewächse ausgelagert. Außer drei haben bislang alle »die Strapazen gut überstanden«, berichtet Krebs. Zur Zeit steht ein bis zu 25 Meter hohes Gerüst im Tropenhaus. Von dort entfernen die Handwerker die maroden Acrylscheiben, säubern per Sandstrahl das Stahlgerüst, streichen es später und setzen die neue Wärmeschutzverglasung ein. »Sie wird kleinteiliger, dadurch sieht die Fassade optisch fast wieder aus wie sie einst der Königliche Baurat Alfred Koerner schuf. Auch Innen bleibe auf Grund der Denkmalschutzauflagen fast alles beim Alten, betont der Sanierungsbeauftragte. »Vielleicht sind die Besucher nach der Wiedereröffnung sogar enttäuscht, weil sich auf den ersten Blick nicht viel veränderte«, sagt Krebs. Die nächste Baustellenführung ist am 30. Juni um 17 Uhr im Großen Tropenhaus, Botanischer Garten, Königin-Luise-Straße 6-8, Steglitz, www.botanischer-garten-berlin.de
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