Vom Mauerweg abgekommen

Blankenfelde-Mahlow und ein EU-Parlamentarier streiten um eine Unterführung

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.
Wo früher Grenzsoldaten patrouillierten, darf man inzwischen herrlich in die Pedale strampeln. 160 Kilometer lang ist der Mauerweg rund um Westberlin. Nur in Lichtenrade weicht der Weg gehörig von der historischen Route ab - und das ist ein Ärgernis. Wenn Radfahrer diese Stelle passieren, dann wechselt das Geräusch im Bruchteil einer Sekunde vom leisen Sirren der Reifen zum lauten Klappern der Gepäckträger. Der Unbeteiligte hört das nur, die Radler fühlen es: am Hintern. Wenige Meter nach dem Berliner Ortseingangsschild ändert sich der Belag. In der Mozartstraße liegt Kopfsteinpflaster. Die Keplerstraße in der zur brandenburgischen Siedlung Waldblick ist dagegen asphaltiert. Waldblick gehört zur Gemeinde Blankenfelde-Mahlow. Die mehrere hundert Meter lange Holperstrecke durch Westberlin ist unausweichlich, denn den originalen Mauerweg versperrt die S-Bahn nach Blankenfelde. Ein gefährlicher Sprung übers Gleis verbietet sich. Die Strecke ist auch eingezäunt. Also bleibt nur ein Umweg: links die Mozartstraße hoch, rechts über den beschrankten Bahnübergang der Horstwalder Straße und dann die Petkusser Straße runter, zurück zum alten Postenweg. Den grünen Politiker Michael Cramer ärgert das ganz enorm. Jahrelang saß der Verkehrsexperte im Berliner Abgeordnetenhaus, machte sich beharrlich für die schrittweise Einrichtung des Mauerradweges stark und schrieb sogar ein Buch dazu. Mittlerweile gehört Cramer dem Europaparlament an. Für den Mauerradweg setzt er sich noch immer ein. Jetzt wandte er sich in dieser Angelegenheit an die brandenburgische Landesregierung. Es gibt nämlich eine hervorragenden Gelegenheit, den Umweg abzuschaffen. Doch Cramer fürchtet, dass diese Chance borniert vertan wird. Worum geht es? Der Bau der Dresdner Bahn ist anvisiert. Dort wo bisher nur S-Bahnen verkehren, sollen künftig Schnellzüge und der Airportexpress zum Flughafen Schönefeld durchbrausen. Südlich vom Mauerweg befindet sich jetzt noch ein befestigter Feldweg zwischen den märkischen Siedlungen Waldblick und Roter Dudel. Schranken sichern die S-Bahn-Trasse. Für eine ICE-Strecke reicht dies nicht mehr aus. Es muss eine Unterführung gebaut werden. Wenn man diese ein paar hundert Meter nach Norden verschieben würde, dann hätten die Radler auf dem Mauerweg etwas davon, so die Überlegung von Cramer. Die Bewohner von Waldblick und Roter Dudel könnten ja die noch einmal 300 Meter südlich gelegene Unterführung der B96a benutzen, wirbt er. Doch die Gemeinde Blankenfelde-Mahlow spielt nicht mit. Sie will die neue Unterführung da, wo jetzt der beschrankte Übergang steht. Deshalb wandte sich Cramer an die Potsdamer Regierung. Sie soll eingreifen. Cramer schrieb an alle, die irgendwie in Frage kommen: an Verkehrsminister Reinhold Dellmann, an Umweltminister Dietmar Woidke, an Ministerpräsident Matthias Platzeck (alle SPD) und an Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU). Am ehesten wäre das Verkehrsministerium zuständig. Doch auch dort verweist man darauf, dass die Entscheidung bei der Kommune liege. Darüber hinaus hält man die ablehnende Haltung Blankenfelde-Mahlows für richtig. Dass die Radler 500 Meter Umweg fahren müssen, sei zumutbar, erklärt Ministeriumssprecher Lothar Wiegand. Jetzt die Planungen umzuwerfen, verursache unnötig Kosten. Indessen stört die Radfahrer der Umweg und insbesondere das Kopfsteinpflaster womöglich weniger als gedacht. Die meisten nehmen den Bürgersteig, obwohl das nicht erlaubt ist. »Hier läuft doch kaum ein Passant«, erzählt ein sportlich gekleideter Pedalritter. Gestört fühlten sich vielleicht die Anwohner in ihren Gärten, meint er, denn im ...

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