nd-aktuell.de / 25.01.2018 / Berlin / Seite 11

Toter Winkel? Gibt’s nicht

Johanna Treblin über Unfälle durch abbiegende Lkw

Johanna Treblin

Die erste Berliner Fahrradtote dieses Jahres ist das Opfer eines abbiegenden Lkw. So tragisch das ist, so häufig sind abbiegende Lkw Verursacher von Fahrradunfällen. Die Autolobby schreit in solchen Fällen immer gerne auf: Liebe Fahrradfahrer, passt auf den toten Winkel auf! ALBA, die Berliner Abfallfirma, klebte im vergangenen Jahr sogar auf alle ihre Lkw dreieckige Aufkleber, um vor dem toten Winkel zu warnen. Darauf zu sehen ist ein rechts blinkender Lkw und ein durchgestrichener Radfahrer rechts hinter dem Fahrzeug. Man versteht: Ungeschützter Mensch auf dem Fahrrad, fahr nicht neben den Lkw, wenn dieser rechts abbiegen will.

Aber ist das die richtige Botschaft und die richtige Zielgruppe? Nein. Natürlich müssen Radfahrer immer verkehrssicher fahren und sollten in unklaren Situationen lieber auf ihr Recht verzichten, um ihr Leben zu retten. Aber einen toten Winkel, also einen, der partout nicht für Lkw-Fahrer einsehbar ist, den gibt es gar nicht mehr. Alle Lkw müssen - und das schon seit fast zehn Jahren! - so mit Spiegeln ausgestattet sein, dass die Fahrer eine lückenlose Rundumsicht um ihren Wagen haben. Unfälle passieren trotzdem. Entweder weil die Spiegel nicht vorhanden sind, nicht richtig eingestellt, oder, was auch auf viele Pkw-Fahrer zutrifft, weil die Fahrzeugführer es sich sparen, ihren Kopf nach rechts zu drehen.

Was folgt daraus? Statt weiter zuzulassen, dass Radfahrer unter die Räder abbiegender Lkw geraten, und weiter den toten Winkel zu propagieren, müssen Lkw stärker auf die Einhaltung der Spiegelpflicht kontrolliert werden. Weil auch dann noch der Blick zur Seite ausbleiben kann, sind Fahrbahnen so zu gestalten, dass Radler mehr Platz erhalten und besser zu sehen sind.