nd-aktuell.de / 05.02.2018 / Politik

Imageschaden im Pflegesektor

CDU-Gesundheitspolitiker Rüddel erntet Empörung für Forderung an Pflegekräfte, besser über ihren Beruf zu sprechen

Maria Jordan

»Möchtest du nach zwei Tagen Einarbeiten bereits volle Verantwortung für 15 teils schwerkranke Patienten übernehmen? Dann komm in die Pflege!« Ähnlich wie dieser klingen viele Twitter-Posts unter dem Hashtag #twitternwierueddel, mit dem vor allem Angestellte im Pflegebereich auf einen Tweet von Erwin Rüddel, Vorsitzender des Gesundheitsausschusses im Bundestag, antworten. Vor zwei Tagen verkündete der CDU-Politiker über den Kurznachrichtendienst seinen Lösungsansatz für den Personalnotstand in der Pflegebranche: Das Personal solle gut über Pflegeberufe sprechen. Dann werden diese auch wieder attraktiver für mögliche Nachwuchskräfte und jene, die den Job aufgegeben haben.

Diese Aussage sorgte besonders beim Pflegepersonal für Empörung. In etlichen Einrichtungen in Deutschland herrscht Personalmangel. Eine Studie des Statistischen Bundesamts[1] für Wirtschaft und Statistik prognostiziert, dass bis 2025 zwischen 193.000 und 214.000 ausgebildete Pflegekräfte in der Bundesrepublik fehlen könnten. Darunter leiden die Patienten, deren Versorgung teilweise nicht mehr gesichert ist, sowie die Angestellten, die unter prekären Bedingungen arbeiten müssen – und das seit Jahren. Laut einer Analyse der Friedrich-Ebert-Stiftung [2]müssen immer mehr Pflegekräfte aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig aus ihrem Beruf ausscheiden. Die Gründe dafür sind vor allem psychische und psychosoma­tische Krankheiten, die durch die erhöhte psychische Belastung, zum Beispiel durch »Schichtarbeit, häufige Über­stunden und Einspringen an freien Tagen, berufsbezogene psychische Traumatisierungen sowie schlechte Aufstiegschancen und materielle Rahmenbedingungen« verursacht werden.

Auf Twitter lässt sich dies nun an den persönlichen Erfahrungen der Betroffenen nachlesen. »Tollen Nachtdienst gehabt. 36 Patienten für mich ganz allein«, schreibt eine Nutzerin. »Pflege hilft dir, die Umwelt zu schützen. Denn du wirst weder Zeit noch Geld haben, in den Urlaub zu verreisen. Mich macht das glücklich«, eine andere. Hinter der Hashtag-Kampagne steht die Forderung, nicht die Angestellten für den Fachkräftemangel verantwortlich zu machen, sondern Berufe im Pflegesektor durch politische Maßnahmen für Nachwuchskräfte attraktiver zu machen.

Links:

  1. https://www.destatis.de/DE/Publikationen/WirtschaftStatistik/Gesundheitswesen/ProjektionPersonalbedarf112010.pdf?__blob=publicationFile
  2. http://library.fes.de/pdf-files/wiso/11244.pdf