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Übrig bleibt eine Kommission

Statt Bürgerversicherung kommt vielleicht eine einheitliche Gebührenordnung

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 3 Min.

Die SPD ist mit dem Ziel einer Bürgerversicherung in die Koalitionsverhandlungen gestartet. Geblieben ist davon eine Kommission, die sich bis Ende 2019 mit der Möglichkeit einer einheitlichen Gebührenordnung für die privaten und gesetzlichen Krankenversicherungen beschäftigen kann. Das Gremium muss nicht zwingend einen umsetzbaren Vorschlag erarbeiten. Was mit den Ergebnissen einer fast zweijährigen Arbeit geschieht, entscheidet die Bundesregierung erst danach.

Das Vorgehen erinnert an einen im westdeutschen Politikmilieu seit Jahrzehnten beliebten Spruch: »Und wenn du nicht mehr weiter weißt, gründe einen Arbeitskreis.« Die Kommission steht als Synonym für das Scheitern des in den letzten Wochen immer schwächer vertretenen SPD-Zieles. Aufgegeben wurde es erst ganz zum Schluss, das zeigt die Tatsache, dass dieser Streitpunkt bis in die letzte Verhandlungsnacht mitgeschleppt wurde. Die Bürgerversicherung als Thema ist erst mal vom Tisch, die Unterscheidung zwischen gesetzlich und privat Versicherten wird noch einmal zementiert.

De facto übrig geblieben im Bereich der Finanzierung der Krankheitskosten ist die in Zukunft wieder paritätische Finanzierung der Beitragssätze in der Gesetzlichen Krankenversicherung. Vereinbart wurde auch eine Absenkung der Bemessungsgrundlage für die Mindestversicherungsbeiträge von Selbstständigen auf etwa die Hälfte des heutigen Grenzwertes, also auf 1150 Euro. Die Private Krankenversicherung (PKV) als solche bleibt erst einmal sakrosankt, nicht einmal über Szenarien ihrer Auflösung soll diskutiert oder geforscht werden, jedenfalls nicht in Regierungsauftrag.

Den Preis für Veränderungen in diesem Feld hatten Bundesärztekammer und der PKV-Verband in den letzten Tagen noch einmal hochgetrieben. Sie hatten eine Memorandum von Juristen und Ökonomen initiiert, das schon eine einheitliche Gebührenordnung als verfassungswidrig deklariert. Der PKV würden mit einer solchen Regelung sechs Milliarden Euro Umsatz wegbrechen, in der Folge »die Versorgungslandschaft ausgedünnt« - sprich, es würden reihenweise Krankenhäuser und Praxen schließen. Nur eine Mehrbelastung der gesetzlich Versicherten wäre als Ausgleich vorstellbar. Die Altersrückstellungen der Privatversicherten wurden in diesem Zusammenhang nicht erwähnt.

Bei der Gelegenheit brachten sich die Mediziner gleich noch gegen die Budgetbegrenzungen der GKV in Stellung. Das Gutachten verdeutlicht, wer sich in der Debatte über die Regierungspläne gegen wen durchsetzen konnte: Etwa 380 000 approbierte Ärzte und knapp neun Millionen privat Versicherte gegen den großen GKV-»Rest« von 72 Millionen Versicherten.

Auf der anderen Seite stehen im Entwurf des Koalitionsvertrages auf sechs Seiten jede Menge Vorhaben für den Pflege- und Gesundheitssektor, von denen die meisten mehr Geld erfordern. Nur an einigen Stellen sind dafür Steuergelder vorgesehen - durchaus machbar in Zeiten voller Kassen. Ein sehr großer Teil soll aber von den gesetzlich Versicherten bestritten werden, auch über die Reserven im Gesundheitsfonds, wo ihre Beiträge zusammenfließen. Ob das auf Dauer ohne Beitragssatzerhöhungen machbar ist, bleibt fraglich.

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