Schon die Ernennung des 57-jährigen Luis de Guindos zum spanischen Wirtschaftsminister war umstritten. Das gleiche gilt für seine Ambition, Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB) zu werden. Kürzlich wurde der 1960 in Madrid geborene Wirtschaftswissenschaftler als Kandidat benannt. Er könnte bald zentral an der Geldpolitik im Euroraum mitwirken. Bisher ist Spanien in europäischen Institutionen schwach vertreten, das sieht de Guindos als Vorteil. Zudem baut der ultrakonservative Christ, Mitglied des fundamentalistisch-katholischen Ordens Opus Dei, auf Unterstützung aus der deutschen Christdemokratie.
Sven Giegold, wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Europaparlament, meint dagegen, es sei nicht akzeptabel, dass ein Mitglied der Eurogruppe in die EZB wechsle, die unabhängig sein sollte. Zurücktreten will de Guindos erst, wenn er den Posten erhält. Auch die spanischen Sozialdemokraten sind dagegen. Sie fordern, wie das Europaparlament, eine Frau auf dem Posten.
Erfolge kann der Minister seit seinem Amtsantritt 2011 kaum vorweisen. Er scheiterte auch damit, neuer Eurogruppenchef zu werden. Den Posten bekam der Portugiese Mário Centeno. Der blickt auf mehr Erfolge als de Guindos. So ist die Arbeitslosigkeit in Spanien mit 16,4 Prozent viel höher als in Portugal und im EU-Durchschnitt.
Gegen ihn spricht auch, dass er Topmanager der US-Investmentbank Lehman Brothers war als diese 2008 abschmierte, was den Beginn der Finanzkrise markierte. Vor seinem Ministerposten saß er im Verwaltungsrat der Bank Mare Nostrum, die nach seinem Abgang mit Steuergeld gerettet werden musste. Er hatte versichert, dass Bankenrettungen die Bürger nichts kosten würden. Inzwischen bezifferte die spanische Zentralbank die Verluste auf 61 Milliarden Euro.
Ökonomen wie Thomas Piketty oder Peter Bofinger fordern eine öffentliche Debatte über die Besetzung von EZB-Posten. Vier von sechs Posten müssen neu besetzt werden, auch der des Präsidenten. Das dürfe nicht in »Hinterzimmern« ausgemacht werden.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1079137.ultrakonservativ.html