nd-aktuell.de / 12.02.2018 / Kultur / Seite 14

Grunschule

Jürgen Amendt

Kommt Helmut Kohl jetzt zurück, wie eingeweihte Kreise bereits wissen? Ich jedenfalls habe meine Goldvorräte sicherheitshalber bereits in Hüftgold umgetauscht. In diesen Zeiten muss man auf Nummer sicher gehen. Mein Bargeld habe ich im im letzten Herbst im Garten vergraben, damit es im Frühjahr wieder frisch nachwächst, und nachdem vor einer Woche an dieser Stelle der Kollege Hatzius darüber berichtete, wie er sich des Nachts im Brandenburger Wald verirrte, liegen bei mir neben dem Bett Taschenlampen und ein ausreichender Vorrat an Batterien immer griffbereit.

Ja, liebe Leserinnen und Leser, die Zeiten sind unsicher geworden. Wo man hinschaut, ist nur Zerfall zu sehen. Die SPD zerfällt, die CDU wird ihr bald folgen, Bayern München ist bereits Deutscher Fußballmeister, die USA sind so gut wie am Ende, in China fallen keine Reissäcke mehr um. Am Schlimmsten aber ist es zu Hause in Berlin. Das Schlagloch, das mich im Sommer vom Rad geholt und mir eine Knieverletzung zugefügt hat, an der ich noch heute laboriere, gibt es noch immer, die Autos parken weiterhin auf meinem Radweg, den ich jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit befahre. Meine beiden Söhne weigern sich, erwachsen zu werden, meine Frau …

Ach, lassen wir das und wenden wir uns einem anderen Thema zu. An der Heinrich-Roller-Grundschule in Prenzlauer Berg hat sich die Schulleitung bei der Ausgabe der Halbjahreszeugnisse einen ziemlich üblen Fauxpas geleistet. Auf dem Zeugniskopf war das Wort Grundschule falsch geschrieben; es fehlte das »d«. Die Schülerinnen und Schüler bekamen ihr Zeugnis also von der Heinrich-Roller-Grunschule. Eltern haben sich deshalb beschwert. Die Schulleitung verteidigt sich damit, dass der Name der Schule vorab nur einmal in den Computer eingegeben werde, Lehrer würden dann nur noch die Noten und die Fehlzeiten eintragen, ohne noch einen Blick auf das gesamte Zeugnis zu werfen.

Jetzt muss ein zweites Zeugnis ausgegeben werden, da niemandem der Alternativvorschlag eingefallen ist, die Kinder sollten einfach selbst mit Filzstift über das erste »u« in Grunschule zwei Punkte malen, damit das Wort wieder einen Sinn ergibt. Das wäre doch eine schöne Aufgabe zum Start in das zweite Schulhalbjahr, und wäre es nicht schön, später von sich sagen zu können, man sei in eine Grünschule gegangen? Aber leider sind die Schulen in Berlin nicht sehr kreativ.

Jetzt prüft die Schulaufsicht den Fall. Schließlich ist der Fehler nicht in den vom Bildungsbürgertum verachteten Gettos von Kreuzberg, Wedding oder Neukölln passiert, sondern im bildungsdünkelbeseelten Prenzlauer Berg. Das war einigen Eltern so peinlich, dass sie Kopien der Zeugnisse ihrer Kinder in den sozialen Netzwerken verbreiteten, versehen mit den entsprechenden Kommentaren.

Eltern und Schüler der Heinrich-Roller-Grunschule sollten sich aber keine Hoffnung machen, dass die Überprüfung dazu führen wird, dass es künftig solche Fehler nicht mehr gibt. Das Schlagloch auf dem Weg zu meiner Arbeitsstätte ist ja ja auch immer noch da. Vielleicht sollte ich irgendwann ein wenig Teer von zu Hause mitnehmen und selbst das Loch ausbessern.