Krankenpfleger: Anspruch auf Bezahlung

Permanenter Streitfall: Umkleidezeit für Dienstbekleidung

  • Lesedauer: 3 Min.

Das entschied das Bundesarbeitsgericht (Az. 5 AZR 382/16) in Erfurt in einem am 20. Dezember 2017 veröffentlichten Urteil. Tarifliche Regelungen können die Vergütung der Umkleidezeit allerdings auch ausschließen.

»Besonders auffällige Dienstkleidung«

Nach der bisherigen BAG-Rechtsprechung handelt es sich beim An- und Ablegen »besonders auffälliger Dienstkleidung« um vergütungspflichtige Arbeit. Voraussetzung hierfür ist, dass die Kleidung für die Arbeit erforderlich ist. Dann kann selbst der Weg zur Umkleide als Arbeitszeit gewertet werden.

Keine Vergütung gibt es, wenn die Dienstkleidung zu Hause angelegt werden kann und nicht besonders auffällig ist. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitskleidung auch privat nutzen darf. Wann allerdings eine »auffällige Dienstkleidung« vorliegt, ist regelmäßig vor den Arbeitsgerichten im Streit.

Im jetzt entschiedenen Fall hatte ein in einem Kreiskrankenhaus beschäftigter Krankenpfleger geklagt. Von seinem Arbeitgeber hatte er als Erstausstattung sechs weiße Hosen und sechs Oberteile erhalten. Laut Dienstvereinbarung war es Pflicht, die Dienstkleidung während der Arbeit zu tragen. Ein Schriftzug oder ein Emblem des Krankenhauses fand sich auf der Kleidung nicht.

Zwölf Minuten für Umkleiden

Der Krankenpfleger meinte, dass das An- und Ausziehen in der Umkleide Arbeitszeit sei, die bislang nicht honoriert wurde. Er rechnete vor, dass er an 100 Werktagen täglich durchschnittlich zwölf Minuten für das Umkleiden benötige. In dieser Zeit rechnete er auch 30 Sekunden für die Händedesinfektion ein. Da die Umkleidezeiten und die Händedesinfektion außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit stattfanden, müsse der Arbeitgeber ihm diese als Überstunden vergüten. Insgesamt stünden ihm 464,20 Euro zu. Die Klinik lehnte dies ab. Der Krankenpfleger könne seine Dienstkleidung zu Hause an- oder ablegen.

Doch das ist ihm bei »auffälliger Dienstkleidung« nicht zuzumuten, befand das Bundesarbeitsgericht (BAG). Auch wenn auf der Klinikkleidung kein Logo oder Ähnliches aufgedruckt sei, könne die Öffentlichkeit den Kläger mit der weißen Dienstkleidung leicht der Gesundheitsbranche zuordnen. Dies gelte dann als »besonders auffällig«. Für die Zuordnung zu einer Branche oder einem Berufszweig sei es ohne Bedeutung, ob die Dienstkleidung in dezenten oder auffälligen Farben gehalten ist. »An der Offenlegung seiner beruflichen Tätigkeit gegenüber Dritten hat der Arbeitnehmer regelmäßig kein eigenes Interesse«, urteilte das BAG.

Die Zeiten für die Händedesinfektion zählten jedoch nicht als zu vergütende Überstunden. Diese sei im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit vorzunehmen.

Das BAG verwies das Verfahren an das Landesarbeitsgericht Hannover zurück. Dieses muss noch prüfen, inwieweit etwaige tarifliche Bestimmungen eine Vergütung der Umkleidezeiten ausschließen. Auch die Höhe der geltend gemachten Umkleidezeit sei unklar. Sind die Zeiten nicht ermittelbar, könne das LAG die zu vergütende Zeit auch schätzen.

Vergütungspflicht bei schmutziger und auffälliger Dienstkleidung

Eine Vergütungspflicht für eine Umkleidezeit außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit kann zudem auch dann bestehen, wenn Beschäftigte arbeitsbedingt immer wieder verschmutzte und auffällige Dienstkleidung tragen. Dies hatte das Hessische Landesarbeitsgericht in Frankfurt am Main am 23. November 2015 (Az. 16 Sa 494/15) im Fall eines im Müllheizkraftwerk Kassel beschäftigten Mannes entschieden. Ihm sei es nicht zuzumuten, dass er seine total verdreckte Kleidung erst zu Hause auszieht.

Die Frankfurter Richter verwiesen dabei ebenfalls auf die BAG-Rechtsprechung. Danach diene das Tragen von Berufskleidung aus primär hygienischen Gründen ebenfalls »betrieblichen Belangen«, so dass damit Umkleidezeiten und Zeiten für innerbetriebliche Wege von und zur Umkleide als Arbeitszeiten gelten können. epd/nd

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