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Ur-Zeit und Uhr-Zeit

Denkspiel mit Mike Mlynar

  • Mike Mlynar
  • Lesedauer: 2 Min.

So wie Raum ist auch Zeit ein bizarres Phänomen. Sie ist es sogar noch mehr als Raum. Denn wir bedienen uns gewissermaßen des Raumes, wenn wir Zeit messen oder symbolisieren wollen. Wenn wir uns ihr auf diese Weise zuwenden, wird ihr Wesen vom Raum »verstellt«.

Dieser Krux hatte der französische Philosoph Henri-Louis Bergson (1859 bis 1941; Nobelpreis für Literatur 1927) sein Lebenswerk gewidmet. Lösen konnte er sie nicht. Letztlich gelten Frage und Antwort des Augustinus (354 bis 430) nach wie vor: »Zeit? - Wenn niemand mich fragt, weiß ich es. Will ich es erklären, weiß ich es nicht«.

Die Frage, was Zeit ist, beschäftigt die Philosophie seit langem. Man versucht, sie zu begreifen, und bekommt doch nur Ereignisse zu fassen. Denn während man über Zeit nachdenkt, ist sie schon vergangen.

So sie auch nicht fassbar ist, ist sie doch in gewisser Weise messbar. Wenn man Zeit nämlich als ein Dauern versteht, das ein Früher und Später markiert. Die Physik hat darin große Verdienste. Doch diese Zeit, die die Uhr misst, ist bestenfalls eine Facette von Zeit. Das ist nicht Ur-Zeit, sondern lediglich die Uhr-Zeit. In ihr ist kein Platz für die fliegende und erstarrte, die kriechende und rasende, die quälende oder glückliche Zeit. Der Österreicher Christoph Ransmayr (Jhg. 1954) hat das Dilemma grandios in einem historischen Romankonflikt zwischen einem englischen Uhrmacher und einem chinesischen Kaiser geschildert (»Cox oder der Lauf der Zeit«, S.Fischer, 2016).

Doch wie im Großen die Zeit, so birgt im Kleinen auch die Uhr Rätsel. Und die beiden folgenden gehören dabei wohl noch zu den einfachsten:

Eines Tages, als die Welt noch analog war, stellten eine Schwester und ihr Bruder, beide gingen noch zur Schule, ihre Armbanduhren genau. Nach einigen Tagen verglichen sie sie miteinander sowie mit der genauen Zeit. Da ging eine Uhr etwas vor und die andere etwas nach. Umgerechnet auf eine Stunde waren das bei der einen Uhr eine Sekunde vor, bei der anderen 1½ Sekunden nach. Da überlegten die Geschwister: Angenommen, wir stellen die Uhren nun nicht auf die genaue Zeit ein - wann würden beide das nächste Mal 1. ein und die selbe Zeit anzeigen, 2. gleichzeitig die richtige Zeit anzeigen?

Ihre Antworten per E-Mail an spielplatz@nd-online.de oder per Post (Kennwort »Denkspiel/Spielplatzseite«). Einsendeschluss: Mittwoch, 21. Februar. Absender nicht vergessen, denn wir verlosen unter den richtigen Antworten für jede Frage ein Buch.

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