Die Entführung eines Passagierflugzeugs durch Terroristen im Jahr 1976 (»Entebbe«), während der israelische von nichtisraelischen Geiseln getrennt worden sein sollen, ist schon häufig verfilmt worden. Die bisherigen Verfilmungen waren eher hilflos zusammengeschraubte B-Pictures, die seinerzeit vor allem durch ihre erstklassigen Bösewichte überzeugen konnten: Einer der beiden deutschen Terroristen, der den sprechenden Namen Wilfried (»Boni«) Böse trug, wurde bereits von den Spitzenschauspielkräften Horst Buchholz und Klaus Kinski verkörpert.
Jetzt gibt es eine neue Verfilmung, »7 Days in Entebbe«, die in einer drögen ZDF-Samstagabend-Eventfilm-Ästhetik gehalten ist, unterlegt mit der üblichen einfallslosen Standard-Drama-Bumsmusik. Den bärtigen deutschen Terroristen Wilfried Böse gibt dieses mal ein romantisch guckender Daniel Brühl, der als Mitglied der »Revolutionären Zellen« ungefähr so glaubwürdig ist wie Christian Lindner als militanter Klassenkämpfer. Der vom linksradikalen Buchhändler zum Geiselnehmer mutierte Böse/Brühl (»die arabischen Völker sind sozialistisch!«) wirkt mit seinem Hundeblick die ganze Zeit über, als sei er aus einem benachbarten Studio, in dem er gerade einen jungen Altenpfleger spielt, versehentlich auf dieses Geiselnahme-Set gekommen.
Die palästinensischen Terroristen sind logischerweise viel böser als Böse: schwarzhaarige, schwarzbärtige dunkle Gestalten mit irrem Blick, gewissenlos, fanatisch, sadistisch. Nein, so wären die Deutschen nie! Unser Hobbyterrorist Brühl/Böse schlägt die jüdischen Geiseln nicht grundlos zusammen, wie es die bitterbösen Araber tun, sondern setzt sich zu einer verwirrten, orientierungslosen Geisel, einer alten Dame, um sie zu beruhigen. Es folgt ein Schnitt auf die auf ihren Arm tätowierte Nummer. Der deutsche Linksterrorist: Er wollte die Welt zwar vom »faschistischen« (Brühl/Böse) Israel befreien, ist aber gleichzeitig auch ein Retter und Tröster der Juden gewesen.
Auch der ugandische Diktator Idi Amin, an dem seine Diktatorenuniform wirkt wie ein Faschingskostüm und der die in einem heruntergekommenen Flughafengebäude kasernierten Geiseln erst mal mit einem herzlichen »Schalom!« begrüßt, hat hier etwas Teddybärartig-Kumpelhaftes an sich. Roberto Blanco hätte den Politiker mindestens sicher genauso gut gespielt.
Nebenbei erzählt wird der Männerkrieg zwischen dem israelischen Premierminister Yitzhak Rabin und seinem Verteidigungsminister Shimon Peres. Rabin ist der dauerrauchende, wohlmeinende, besorgte Landesvater, Peres der verschlagene, machthungrige, kalt kalkuliernede Blutsäufer und Kommißkopf. Alles klar. Wenn man sich ein bisschen mehr angestrengt hätte, wäre die Figurenzeichnung noch holzschnittartiger geraten. Die bei weitem beste Idee, den Film endgültig zu ruinieren, ist allerdings gewiss die gewesen, in den letzten 20 Minuten des Films zwischen die dramatischen Szenen der Geiselbefreiung fortwährend Szenen aus einer Tanztheaterperformance zu schneiden. Top!
Am 20.2. im Haus der Berliner Festspiele (10 Uhr/18.30 Uhr) und im Friedrichstadtpalast (15 Uhr)
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1079920.schalom.html