nd-aktuell.de / 21.02.2018 / Politik / Seite 8

»Moralische Verfehlungen« belasten Australiens Regierung

Ein außereheliches Verhältnis von Vizepremier Barnaby Joyce sorgt für Zwist innerhalb des konservativen Parteienbündnis

Thomas Berger

Malcolm Turnbull hat einen verschärften Moralkodex aufgestellt: Regierungsmitglieder dürfen mit Untergebenen kein intimes Verhältnis haben. Damit hat Australiens Premier auf einen Skandal rund um seinen Amtsvize und Koalitionspartner Barnaby Joyce reagiert, dessen Geliebte ein Kind von ihm erwartet. Aus der Welt scheint die Krise damit aber nicht.

Wie lange sich Joyce noch halten kann beschäftigt derzeit sowohl politische Kreise, wie auch die Öffentlichkeit. Zumindest von Seiten Turnbulls scheint dem Vorsitzenden der Nationalen Partei (NP) keine Gefahr mehr zu drohen. Am Wochenende hatten sich die beiden Männer ausgesprochen - heftig sei es dabei zwar zugegangen, doch letztlich habe sich der Premier hinter seinen angeschlagenen Vize gestellt.

Doch während Turnbull nach kurzer Empörung über die »moralischen Verfehlungen« nun schnell einen Schlussstrich unter die Angelegenheit ziehen will, scheinen Medien und Bürgerschaft noch nicht gewillt dazu. Über ein Jahr dauert das Verhältnis mit Nikki Campion an, die 2016 als PR-Beraterin während des Wahlkampfes in die Dienste von Barnaby Joyce getreten war. Bekannt wurde es, als ein Bild der Schwangeren auftauchte. Seither ist nicht nur Noch-Ehefrau Natalie Joyce »not amused«. Gleiches gilt für den Bündnispartner.

Zumal es nicht das erste Mal ist, dass Barnaby Joyce die »Coalition« aus seinen Nationalen und der dominierenden Liberal Party (LP) des Premiers in Bedrängnis bringt. So war kurzzeitig die knappe Mehrheit der Regierung im Unterhaus dahin, als Joyce Ende Oktober sein Abgeordnetenmandat verlor. Insgesamt fünf Parlamentarier aus beiden Parlamentskammern waren vom Obersten Gerichtshof suspendiert worden: Ihnen wurde das Verbot doppelter Staatsbürgerschaft zum Verhängnis. Auch der NP-Chef war darüber gestolpert, da er bei seiner Wahl auch noch einen Neuseeländischen Pass besaß. Mit seinem Wiedereinzug in Parlament und Regierung nach der Nachwahl Anfang Dezember schien diese Krise ausgestanden.

Angesichts dessen, dass die oppositionelle Labor Party in den Meinungsumfragen seit 26 Monaten führt, kann sich der Premier Negativschlagzeilen derzeit besonders wenig leisten. Seit 95 Jahren sind die beiden Parteien eng verbündet. Im Bundesstaat Queensland treten LP und NP sogar als gemeinsame Partei in Erscheinung. Hierbei decken die ländlich verwurzelten Nationalen in Australien die besonders konservative Flanke ab, während Teile der LP als aufgeklärte Christdemokraten des großstädtischen Milieus gelten können.

Die Frage ist nun, wie lange die eigene Parteiriege dem NP-Chef noch die Treue hält. Namhafte Nationale aus der zweiten Führungsreihe lassen noch keine drohende Revolte durchblicken. Doch da bei einer Umfrage zuletzt 65 Prozent der Befragten dafür waren, dass Joyce zumindest seine Ämter in Partei und Regierung aufgibt, könnte sich das bald ändern. Die Daily Mail hat errechnet, dass gemeinsame Reisen des Vizepremiers und Verkehrsministers mit seiner Geliebten 28 000 Australische Dollar aus Steuermitteln gekostet haben. Auch wenn kein Vorwurf illegaler Machenschaften erhoben wird, erhöhen solche Veröffentlichungen die unterschwellige Rücktrittsforderung.