nd-aktuell.de / 23.02.2018 / Berlin / Seite 10

Wasserbetriebe bilden Geflüchtete aus

Zwölf junge Menschen mit und ohne Fluchterfahrung nehmen am Horizonte-Programm des Unternehmens teil

Lola Zeller

An den Werktischen stehen junge Menschen in Arbeitskleidung. Konzentriert vermessen sie Metallplatten, die sie anschließend schleifen. Es ist der erste Praxistag von zwölf PraktikantInnen des Horizonte-Programms der Berliner Wasserbetriebe, das gerade in die dritte Runde gestartet ist. Zwölf junge Menschen mit und ohne Fluchterfahrung haben vor drei Wochen die etwa siebenmonatige Einstiegsqualifizierung begonnen. Die soll sie auf eine technische Ausbildung vorbereiten soll, zum Beispiel zur Anlagen- oder Industriemechanik, Mechatronik oder IT-Systemelektronik.

Die Wasserbetriebe sind stolz darauf, 2016 als erster Berliner Betrieb ein solches Programm eingeführt zu haben, sagt Kerstin Oster. Sie ist Vorständin für Personal und Soziales der Wasserbetriebe. »Wir werden immer bunter«, beschreibt sie die zunehmende Diversität des Unternehmens. Das Horizonte-Programm gebe geflüchteten Menschen eine reale Chance auf Integration. Auf der anderen Seite könnten auch die Wasserbetriebe Vorteile daraus ziehen: Die Öffnung für weitere Kulturen steigere die Attraktivität des Unternehmens. Für die alltägliche Zusammenarbeit bedeute sie zudem eine stärkere Rücksichtnahme untereinander.

Eine Besonderheit in diesem Jahr: Zum ersten Mal nimmt auch eine junge Frau am Horizonte-Programm teil. Waem Shaeb musste aus Syrien fliehen. Dank der Einstiegsqualifizierung hat sie nun die Möglichkeit, in die deutsche Berufswelt einzusteigen. »Nach drei Wochen Zusammenarbeit habe ich mich an die Männer gewöhnt«, sagt sie lächelnd. Vorstandsmitglied Oster erklärt, die Berliner Wasserbetriebe seien durch den demografischen Wandel auf Frauen in technischen Berufen angewiesen. Trotz vielfältiger Maßnahmen zur Förderung sei es aber immer noch schwierig, Frauen für eine technische Ausbildung zu gewinnen.

Horizonte erlaube auch jenen, ihre Kompetenzen unter Beweis zu stellen, denen dies im deutschen Schulsystem nicht gelungen ist, so Oster. »Wer aus dem Schulsystem rausfällt, hat kaum eine Chance, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Doch Schulnoten sagen nicht alles aus. Deswegen versuchen wir während der Einstiegsqualifizierung, Kompetenzen in vielfältigen Aufgabengebieten festzustellen und zu testen.«

Ab April werden die PraktikantInnen auf die verschiedenen Unternehmensbereiche verteilt. Dort würden sie schon mit Freude erwartet, sagt Oster. Grund dafür seien deren außerordentliche Motivation und Leistungsbereitschaft. Genau auf solche »Tugenden der Arbeit« käme es nämlich an.

Alle diesjährigen PraktikantInnen des Horizonte-Programms beherrschten die deutsche Sprache auf Level B2 des europäischen Referenzrahmens. Die Prüfung der Sprachkenntnisse sei die einzige Aufnahmeprüfung, welche die PraktikantInnen zu meistern haben, sagt Oster.

Deutsche Sprachkenntnisse seien eine wichtige Voraussetzung für das Praktikum und später die Ausbildung, betont auch der Auszubildende Walleed Asif aus Pakistan. »Du musst die Sprache lernen, sonst verstehst du die Aufgaben nicht.« Ihm wurde bereits 2016 durch Horizonte eine Ausbildung bei den Berliner Wasserbetrieben ermöglicht. »Wir lernen verschiedene Bereiche kennen und können uns dann für einen Beruf entscheiden. So habe ich meine Ausbildung zum Anlagenmechaniker gefunden.«