nd-aktuell.de / 23.02.2018 / Politik

Bundestag berät über Paragraf 219a

Parlament debattiert über Änderung im Abtreibungsrecht

Berlin. SPD und Grüne haben im Bundestag für eine fraktionsübergreifende Initiative zur Aufhebung des Strafrechtsparagrafen 219a geworben. Das Parlament beriet am Donnerstagabend erstmals über eine mögliche Änderung des Abtreibungsrechts. Dazu lagen den Abgeordneten mehrere Anträge vor. Grüne, LINKE und SPD sprachen sich für eine Aufhebung des Werbeverbots für Abtreibungen aus. Union und AfD wollen an dem Verbot festhalten. Die FDP plädierte für einen Kompromiss.

Auslöser für die Debatte ist der Prozess gegen die Gießener Ärztin Kristina Hänel vor knapp vier Monaten. Hänel hatte auf der Internetseite ihrer Praxis über Abtreibungen informiert und war dafür zu einer Geldstrafe verurteilt worden.

Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Ulle Schauws, appellierte an die Parlamentarier, gemeinsam nach Lösungen zu suchen, um den veralteten Paragrafen 219a abzuschaffen. Es gehe um Informationen für die betroffenen Frauen und Rechtssicherheit für Ärztinnen und Ärzte. Auch die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Eva Högl sprach sich klar für eine Aufhebung des Paragrafen aus. Der Gesetzgeber müsse handeln. Der Paragraf 219a sei nicht mehr zeitgemäß. Der Paragraph führe außerdem in seiner derzeitigen Form zu Rechtsunsicherheit bei Ärzten, kritisierte Högl. Er greift ihrer Ansicht nach in die Berufsfreiheit von Ärzten ein, »denn sie sind nicht mehr in der Lage, objektiv zu informieren«.

Die SPD hatte vor dem Hintergrund einer möglichen Koalition mit der Union darauf verzichtet, ihren bereits im Dezember beschlossenen Gesetzentwurf zur Abschaffung des Paragrafen 219a in den Bundestag einzubringen. Die Union will an dem Werbeverbot festhalten. Sie argumentiert, es sei Teil des Schutzkonzepts für das ungeborene Leben. Beratung und Abtreibungen müssten weiter getrennt erfolgen, sagte die rechtspolitische Sprecherin der Fraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker. Sie warnte davor, dass Ärzte Abtreibungen anbieten und ihre Leistung gleichzeitig bewerben dürften.

Der FDP-Abgeordnete Stephan Thomae sprach sich für einen Kompromiss aus. Das Werbeverbot müsse soweit eingeschränkt werden, dass Ärzte öffentlich sachliche Informationen geben können, ohne strafrechtliche Folgen fürchten zu müssen.

Der Paragraf 219a verbietet Werbung für Abtreibungen aus finanziellem Eigeninteresse oder »in grob anstößiger Weise«. Abtreibungsgegner zeigen zunehmend Ärzte an, die im Internet oder in Broschüren darüber informieren, dass sie und wie sie Abtreibungen durchführen.

Abtreibungen sind in Deutschland bis heute verboten und können mit Haftstrafen geahndet werden. Schwangerschaftsabbrüche werden nur in einem Zeitraum von zwölf Wochen nach der Empfängnis toleriert, sofern sich Frauen zuvor in anerkannten Einrichtungen beraten lassen. Abtreibungen werden darüber hinaus nicht bestraft, wenn eine Schwangerschaft die Frau gesundheitlich gefährdet oder Folge einer Sexualstraftat ist. Agenturen/nd