nd-aktuell.de / 26.02.2018 / Politik / Seite 3

Bereitschaft zur Gewalt

Jugend in Israel und Palästina ohne Vertrauen in politische Lösung

Während Politik und Öffentlichkeit in Israel und Palästina über die Zukunft der Zwei-Staaten-Lösung diskutieren, ist die Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf beiden Seiten im Jahr 2017 stark gestiegen.

Einer Umfrage des israelischen Fernsehsenders Arutz 2 zufolge halten 28 Prozent der Siedler unter 25 Jahren Sachbeschädigung für legitim, acht Prozent erklärten, sie wären zur Anwendung von körperlicher Gewalt bereit, um das Siedlungsprojekt zu unterstützen. Auf der palästinensischen Seite befürworten indes einer Erhebung der Bir-Zeit-Universität zufolge 42 Prozent der unter 25-jährigen Palästinenser aus dem Westjordanland und Ost-Jerusalem Gewalt gegen Siedler und deren Besitz.

Gleichzeitig erleben radikale, gewaltbereite Gruppen auf beiden Seiten starken Zulauf: Im Westjordanland gewinnen vor allem die Hamas und der Islamische Dschihad bei Jugendlichen an Unterstützung; auch bewaffnete Gruppen, die sich der Fatah zurechnen, aber ihrem Einfluss weitgehend entzogen sind, erfahren Zulauf.

Auf der israelischen Seite ist die Zahl der sogenannten Hügeljugendlichen nach Angaben der Polizei um gut 15 Prozent gestiegen. Dabei handelt es sich um junge Siedler, die auf Hügeln im Westjordanland kampieren. Mehr als 100 solcher ungenehmigten, aber vom israelischen Staat oft stillschweigend geduldeten Camps gibt es derzeit; ihre Zahl ändert sich aber ständig.

Jugendschützer und der Inlandsgeheimdienst Schin Beth kritisieren, dass die Jugendlichen dort sehr empfänglich für die Indoktrination rechtsextremer Gruppen wie der Kach-Bewegung, aber sehr viel öfter durch Rabbiner sind, die zum Hass aufstacheln und Gewaltausübung zum integralen Bestandteil der Religionsausübung erklären. Das Ergebnis sind Angriffe auf palästinensischen Besitz, aber auch auf Palästinenser, die als »Preisschild-Angriffe« bekannt geworden sind. Aus Sicht der Täter soll damit vermittelt werden, dass politische oder gewalttätige Angriffe auf Siedler ihren Preis haben. Die Zahl dieser Angriffe ist in den vergangenen Monaten um gut 50 Prozent gestiegen. Oliver Eberhardt