nd-aktuell.de / 28.02.2018 / Politik / Seite 1

Brüchige Waffenruhe in Ost-Ghuta

Weniger Kampfhandlungen als an Vortagen / Rebellen erstmals bereit zur Ausweisung von Dschihadisten

Roland Etzel

Es hatte wohl niemand damit gerechnet, dass die von Russlands Präsident Wladimir Putin am Montag initiierte erste fünfstündige Feuerpause für Ost-Ghuta, eine von regierungsfeindlichen Milizen kontrollierte Region östlich der Hauptstadt Damaskus, auf Anhieb funktioniert. Um 9 Uhr hatte sie begonnen. Kurz danach wurden aber schon wieder Einschläge gemeldet.

Von der oppositionsnahen Beobachtungsstelle für Menschenrechte hieß es, ein Luftangriff sei geflogen worden. Dazu wurde Artilleriebeschuss gemeldet. Es habe zwei Todesopfer gegeben. Von kriegerischen Aktivitäten der Regierungsgegner wurde nichts berichtet. Das tat die syrische Nachrichtenagentur Sana. Sie meldete, dass der von Regierungstruppen für abzugswillige Zivilisten neu eingerichtete Korridor aus Ost-Ghuta bei Al-Rafidain beschossen worden sei. AFP zitierte den russischen General Viktor Pankow. Dieser warf den Rebellen vor, das Feuer auf den »humanitären Korridor« eröffnet zu haben, sodass kein Zivilist habe fliehen können. Insgesamt sollen sich etwa 400 000 Zivilisten in dem Gebiet aufhalten.

Über die Zahl der Milizionäre gibt es keine zuverlässigen Angaben. Es soll sich um mehrere, teilweise rivalisierende Gruppen handeln. Russland hatte gegen westlichen Widerstand in der am Wochenende angenommenen UNO-Sicherheitsratsresolution durchgesetzt, dass die Feuerpause nicht für Aktivitäten gegen dschihadistische Gruppen gilt. Dies zeigte offenbar Wirkung. Die Rebellengruppen Dschaisch al-Islam, Fajlak al-Rahman und Ahrar al-Scham erklärten laut AFP am Dienstag in einem Brief an die UNO ihre Bereitschaft, alle Kämpfer von Al Qaida, ihrem syrischen Ableger Nusra-Front und dem von ihm dominierten Dschihadistenbündnis Hajat Tahrir al-Scham aus Ost-Ghuta »auszuweisen«, sobald die Waffenruhe umgesetzt sei. Die russische und die syrische Regierung vertreten den Standpunkt, dass die große Mehrheit der Zivilisten in Ost-Ghuta von den Milizen aktiv am Verlassen der Kriegszone gehindert wird, um durch hohe Opferzahlen die USA zum militärischen Eingreifen zu nötigen.

»Die Kämpfe gehen heute morgen weiter. Dies ist, was unsere Berichte aus Ost-Ghuta besagen«, sagte der Sprecher des UN-Büros für humanitäre Hilfe, der Däne Jens Laerke, am Dienstag in Genf. Gespräche über Hilfslieferungen für die eingeschlossenen Zivilisten oder die Bergung von Verletzten hätten deshalb noch nicht geführt werden können. Bis zum späten Nachmittag wird insgesamt aber von deutlich weniger Kampfhandlungen als an den Vortagen berichtet.

Die Bundesregierung lässt mitteilen, sie halte fünf Stunden Feuerpause nicht für ausreichend. Laut Außenminister Sigmar Gabriel könne dies nur ein erster Schritt sein.