Liste zur Landtagswahl per Knopfdruck

Die LINKE will mit ihrem bisherigen System der Nominierungsvorschläge durch die Kreisverbände brechen

Brandenburgs LINKE wird auf einem Parteitag am 17. und 18. März im Kongresshotel Potsdam erstmals eine Doppelspitze wählen. Erwartet werden auch erste Entscheidungen mit Blick auf die Landtagswahl 2019.

Gleich in zwei Anträgen geht es um Vorschläge für die Aufstellung der Landesliste, die wahrscheinlich Ende 2018 erfolgen wird. Nach einem Vorschlag von Landesvorstand und Landesausschuss soll die Partei von der zuletzt bei den Landtagswahlen 2009 und 2014 üblichen Verfahrensweise abweichen. Demnach soll der Vorstand in Zusammenarbeit mit dem Ausschuss eine Landesliste vornehmlich aus Direktkandidaten in den Landtagswahlkreisen zusammenstellen, und dabei auf regionale Ausgewogenheit, Altersmischung und fachliche Belange achten. Den detaillierten Listenvorschlag soll eine Landesvertreterversammlung dann Platz für Platz in Einzelwahl abstimmen. Das bisherige Blockwahlverfahren würde entfallen. Der Jugendverband darf sich wie bisher einen Namen wünschen. Den Kreisverbänden wird empfohlen, zu signalisieren, wen sie gern auf der Liste hätten.

Bei der bisherigen Vorgehensweise hatte das Wort der Kreisverbände mehr Gewicht. Auch wenn das praktisch nicht immer geklappt hat und auch gar nicht immer klappen konnte, wurde den Kreisverbänden bislang zugesichert, dass sie wenigstens eine Person auf einem aussichtsreichen Listenplatz unterbringen können. Das geht zurück auf eine Idee des früheren Landesvorsitzenden Thomas Nord, der die Landtagsfraktion in möglichst allen Kreisverbänden verankern wollte. Bei einer rot-roten Koalition sollte dies helfen, leichter mit Schwierigkeiten als Regierungspartei klarzukommen. Die Idee stieß nicht auf ungeteilte Zustimmung. Einzelne Abgeordnete fürchteten um ihre Nominierungschancen. Auch wurde gewarnt, dass in der Fraktion dringend benötigte Fachpolitiker auf der Strecke bleiben könnten. Dies gab seinerzeit der Abgeordnete Peer Jürgens zu bedenken. Damit nicht genug: Das Verfahren, so basisdemokratisch es ist, sorgte für Unruhe. Es wurde stellenweise in den Kreisverbänden als unangenehm empfunden, entscheiden zu müssen, welcher von zwei oder mehreren Bewerbern für die Landesliste vorgeschlagen wird.

Der Kreisverband Frankfurt (Oder) sicherte sich 2009 durch geschickte Ausnutzung seiner Möglichkeiten gleich zwei Landtagsabgeordnete. Axel Henschke gewann damals erwartungsgemäß den Wahlkreis und die auf der Liste platzierte Kerstin Meier zog auch ins Parlament ein.

In einer Frage schien die Rechnung von Nord anfangs aufzugehen: Wer für die LINKE in den Landtag wollte, musste engen Kontakt zu einem Kreisverband halten und eventuell auch erst einmal dort hinziehen. Erst fünf Jahre später offenbarte sich ein daraus erwachsenes Problem, als den Landtagsabgeordneten Peer Jürgens und Torsten Krause laut wurden, sie hätten in Wahrheit ihren Lebensmittelpunkt gar nicht wie bei der Parlamentsverwaltung angegeben in ihren Wahlkreisen, sondern sich auf diese Weise unberechtigt Fahrtkostenerstattungen und Mietzuschüsse in Höhe von Zehntausenden Euro erschlichen. Jürgens ist deswegen verurteilt worden, gegen Krause beantragte die Staatsanwaltschaft kürzlich einen Strafbefehl.

Doch zurück zur Listenwahl: Es gibt ein Hindernis bei dem Versuch, jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt mindestens einen Abgeordneten zuzuteilen: Es funktioniert vielleicht bei einem guten Wahlergebnis von 27,2 Prozent wie im Jahr 2009, wenn es eine starke Linksfraktion gibt, wobei immer noch die Direktmandate eine Rolle spielen. Es funktioniert aber definitiv nicht bei einem schlechten Ergebnis von 18,6 Prozent wie im Jahr 2014.

In gewisser Hinsicht kehrt die LINKE jetzt zurück zu den alten Verhältnissen. Denn noch bis zur Landtagswahl 2004 hatte es regelmäßig einen genau ausgearbeiteten Vorschlag des Landesvorstands für die aussichtsreichen Listenplätze gegeben. So war es in den Zeiten von Landtagsfraktionschef Lothar Bisky, als sich noch dessen Fraktionsgeschäftsführer Heinz Vietze um die Personalfragen kümmerte.

Für wie viele Listenplätze es nun einen Vorschlag geben soll, soll erst unter dem neuen Landesvorstand entschieden werden, erläutert Landesgeschäftsführerin Anja Mayer, die sich für die Doppelspitze bewirbt. Darum ist in dem Parteitagsantrag zur Festlegung des Nominierungsverfahrens keine Zahl enthalten. Stattdessen steht immer ein »N«. Diese Plätze »N« sollen anders als zuletzt nicht in Blöcken nominiert, sondern jeweils in Einzelwahl bestimmt werden. Damit die Aufstellung der Landesliste nicht über Gebühr lange dauert, wird die Verwendung eines elektronischen Wahlsystems geprüft. Dadurch entfiele das komplizierte Herstellen immer neuer Stimmzettel. Auch würde es keine langen Auszählungen geben, das Ergebnis könnte jeweils per Knopfdruck festgestellt werden.

Daneben gibt es noch einen Vorstoß aus dem Ortsverband Schöneiche und vom Kreisvorstand Oder-Spree, demzufolge es bei der Nominierung der Landesliste nicht nur die schon übliche Frauenquote geben sollte, sondern darüber hinaus eine Quote für Neulinge. Die Listenplätze drei, sechs, neun, zwölf und so weiter sollen für Bewerber reserviert werden, die bisher weder im Landtag, noch im Bundestag oder im EU-Parlament saßen und die auch noch keine hauptamtliche Wahlfunktion in der Partei innehatten. Denn diese Bewerber haben, so heißt es zur Begründung, gegenüber gewesenen Abgeordneten oder hauptamtlichen Parteifunktionären »eklatante Wettbewerbsnachteile«.

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