nd-aktuell.de / 14.03.2018 / Ratgeber / Seite 28

Zahl der Fälle von Fahrerflucht nimmt zu

Verkehrsanwälte schlagen Alarm

In Deutschlands Norden gibt es immer mehr Fälle von Fahrerflucht (rechtlicher Fachbegriff »Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort«). So verzeichnete Niedersachsen zwischen 2010 und 2015 einen Anstieg um 14 Prozent, in Hamburg betrug der Zuwachs 8,6 Prozent. Experten fürchten, dass die Zahlen auch bundesweit weiter steigen - obwohl hohe Strafen drohen.

Fahrerflucht schnell passiert - Warten ist Pflicht

Grundsätzlich ist der Fall klar: Wer beim Ausparken einen anderen Wagen touchiert und einfach wegfährt, begeht Fahrerflucht und damit eine Straftat. Tatsächlich wird das Vergehen mit harten Strafen geahndet - und das kann selbst dann der Fall sein, wenn man lediglich geschockt wegfährt und danach wieder umkehrt. Das bedeutet: Bereits der kleine Parkplatzrempler kann ähnlich hart bestraft werden wie ein schwerer Unfall mit großem Blech- oder Personenschaden, nach dem man sich ganz bewusst aus dem Staub macht.

Ob kleiner Kratzer oder großer Schaden: Wer ein anderes Fahrzeug beschädigt, ist in jedem Fall verpflichtet, dem Besitzer des Wagens oder der Polizei seine Personalien zu geben. Ist der Wageninhaber nicht vor Ort, muss der Unfallverursacher eine angemessene Zeit auf ihn warten.

Die genaue Wartezeit hängt von den Umständen ab und sollte tagsüber etwa eine Stunde betragen. Erscheint in dieser Zeit niemand, verlangt es das Gesetz, sich umgehend bei der Polizei zu melden. Wer nicht lange genug an der Unfallstelle wartet und lediglich seine Kontaktdaten an der Windschutzscheibe hinterlässt, begeht automatisch Fahrerflucht.

Eine kleine Brücke gibt es allerdings, die »tätige Reue«: Wenn sich der Flüchtige innerhalb von 24 Stunden nach dem Unfall bei der Polizei meldet, kann er den Tatbestand der Fahrerflucht nachträglich vermeiden. Leider ist das jedoch nur bei Schäden bis 1300 Euro und auch nur bei Parkplatzunfällen, also außerhalb des fließenden Verkehrs, möglich. Aber selbst die tätige Reue bleibt nicht gänzlich unbestraft.

Schon bei kleinen Vergehen drohen hohe Strafen

Auch wenn sie nicht mit böser Absicht geschieht, ist Fahrerflucht eine Straftat. Welche Strafe dem Unfallflüchtigen droht, hängt vom Tathergang und dem verursachten Schaden ab. Üblicherweise sind es mindestens eine Geldstrafe im Bereich eines Monatsnettogehalts sowie zwei Punkte in Flensburg.

Beträgt der Fremdschaden mehr als 1300 Euro, wird im Regelfall der Führerschein entzogen und eine Sperrfrist von mindestens sechs Monaten verhängt. Hinzu kommen dann drei Punkte in Flensburg. Noch härter fällt die Strafe aus, wenn Menschen beim Unfall verletzt wurden. In diesem Fall gilt das Vergehen als fahrlässige Körperverletzung, wird mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet.

Fahranfänger in der Probezeit müssen unabhängig von der Schadenhöhe mit einer zweijährigen Verlängerung der Probezeit rechnen und ein Aufbauseminar besuchen.

Verkehrsanwälte helfen Betroffenen zu ihrem Recht

Wer von der Polizei der Fahrerflucht bezichtigt wird, sollte unbedingt von seinem Schweigerecht Gebrauch machen, denn bereits eine unbedachte Bemerkung kann als Schuldgeständnis ausgelegt werden. Das heißt: Lediglich Angaben zur Person müssen gemacht werden, Angaben zur Sache darf und sollte man verweigern.

Es ist ratsam, schnellstmöglich einen Verkehrsanwalt einzuschalten. Dieser kann Einsicht in die Strafakte nehmen, führt die Verhandlungen mit der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht. Häufig erreicht er, dass das Verfahren aufgrund von Fehlern eingestellt wird. Ist das nicht möglich, kann er dennoch das Strafmaß erheblich reduzieren und eine Höherstufung bei der Versicherung verhindern. DAV/nd