nd-aktuell.de / 17.04.2007 / Brandenburg

Keine englischen Sprüche

»Sexual Perversity in Chicago« zeigt gut Klischees

Anouk Meyer
»Sexual Perversity in Chicago«, auf Deutsch »Sexuelle Pervertiertheit in Chicago«, heißt das neue Stück des English Theatre Berlin, früher bekannt als »Friends of the Italian Opera«. Wer trotz des Titels noch zweifelt, worum es geht, dem gibt spätestens der Blick ins Programmheft Aufschluss. Die beiliegende kleine Übersetzungshilfe für deutsche Besucher listet hauptsächlich sexuelle Kraftausdrücke auf, drei verschiedene allein für das weibliche Geschlechtsteil. Dementsprechend wenig zimperlich ist auch die Inszenierung. Das Stück, bereits im Jahr 1974 von David Mamet geschrieben, strotzt nur so vor derben Schmähungen, Beleidigungen und herben Sprüchen. Trotzdem wirkt es nicht gefühllos. Im Gegenteil. Die ordinäre aggressive Ausdrucksweise der Beteiligten verschleiert nur deren Einsamkeit, die Sehnsucht nach einer reinen Liebe. Die hofft Danny (Jeff Burrell) bei Deborah (Karen Cifarelli) zu finden. Aus einem Bettabenteuer entwickelt sich eine Beziehung, die zunehmend enger wird - sehr zum Missfallen von Dannys Kumpel und Kollegen Bernie und Deborahs Freundin Joan. Beide missgönnen dem jungen Paar ihr Glück und hintertreiben die Beziehung. Die frustrierte Joan erledigt das mit spitzen Bemerkungen und Voraussagen à la »Ich gebe euch zwei Monate«, der großtuerische Bernie mit ähnlichen Prognosen und abfälligen Sprüchen. Tatsächlich sind die beiden neidisch und eifersüchtig, auch wenn Bernie ständig sein SingleDasein preist und mit prahlerischen Sexgeschichten seine Frustration zu kompensieren versucht. Selten hat man in einem Theaterstück zwei so unsympathische Zeitgenossen erlebt wie diese beiden »Freunde«, toll gespielt von Laura Cameron und Harvey Friedman. Vor allem letzterer trägt das Stück, trifft den zynisch-abfälligen Ton, mit dem manche Männer ihre Beziehungsunfähigkeit verschleiern, sogar vor sich selbst. Schon die Körpersprache - breitbeinig, Hände in den Taschen - verrät den »Chauvi«. Eine Haltung, mit der er sicher dem einen oder anderen Zuschauer einen Spiegel vorhalten dürfte. Ähnlich negativ sieht auch Joan das andere Geschlecht. Männer sind Schweine, hat sie aus Erfahrung gelernt, Ausnahmen gibt es nicht. Rollenklischees werden auf die Spitze getrieben. Vulgär, böse und pointenreich sind die Dialoge in diesem Stück. Obwohl es über 30 Jahre alt ist, wirkt es kein bisschen angestaubt. Alle vier Darsteller agieren nicht nur äußerst authentisch und treffen in jeder einzelnen Szene den richtigen Ton. Sie sprechen auch so akzentuiert und deutlich, dass deutsche Zuschauer mit normalen Englischkenntnissen jederzeit folgen können. Bis 21.4., 20 Uhr, English Theatre, Fidicinstraße 40, Kreuzberg, Telefon 691 12 11