nd-aktuell.de / 19.03.2018 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 13

Im Norden gibt’s Gülle in Hülle und Fülle

In Schleswig-Holstein ist das Grundwasser in Gefahr

Dieter Hanisch

Nährstoffe aus der Landwirtschaft bedrohen das Grundwasser in Schleswig-Holstein. Auf einer Fachtagung in Kiel anlässlich des an diesem Donnerstag bevorstehenden Weltwassertages, befassten sich in Kiel über 350 Landwirte, Umweltschützer und Wasserexperten mit dem Problem.

23 von 55 Grundwasservorkommen im nördlichsten Bundesland sind laut Umweltministerium zu stark mit Gülle und Pflanzenschutzmitteln aus der Landwirtschaft belastet. Einen Grund für diesen bedrohlichen Zustand sieht Umwelt- und Agrarminister Robert Habeck (Grüne) in regional zu hohen Viehbeständen. In diesem Zusammenhang forderte er die neue Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) auf, endlich auskömmliche Konzepte gegen Massentierhaltung vorzulegen.

Schleswig-Holstein bezieht sein Trinkwasser zu 100 Prozent aus Grundwasser. Dort steigen zunehmend die Nitratwerte. Das wiederum verteuert die Trinkwasseraufbereitung und wird zu einem Kostenfaktor für Verbraucher und nicht zuletzt auch für die Landwirtschaft. Habeck macht aus seiner Enttäuschung keinen Hehl. Trotz ständig modifizierter Düngeverordnungen in den vergangenen 20 Jahren habe sich die Situation nicht verbessert, beklagt sich der Minister.

Und auch der jüngsten Reform aus dem Vorjahr kann er nicht viel abgewinnen. Mit den sogenannten Stoffstrombilanzen könne der wahre Nährstoffeintrag schöngerechnet werden. Die Landwirtschaft bemängelt an den neuen Bestimmungen vor allem zu viel Bürokratie. Friedhelm Taube, Direktor des Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung an der Kieler Universität, hielt dem entgegen, dass es im Interesse eines jeden erfolgsorientierten Landwirts sei, sich mit einer klugen Düngeplanung auseinanderzusetzen.

In Schleswig-Holstein fallen jährlich 27 Millionen Tonnen Gülle und Gärreste an. Habeck redete Klartext: »Dort, wo hohe Viehbestände und viele Biogasanlagen zusammenkommen, passt der Nährstoffanfall nicht mehr mit den Ausbringungsflächen zusammen.« Die Agrarwende komme auch unter diesem Gesichtspunkt nicht voran. Einzelne Betriebe verändern ihr Hofmanagement, in der Fläche ändere sich laut Habeck aber kaum etwas. Letztlich werde so nur gegen die Symptome, nicht aber gegen die Ursache angekämpft, resümiert der Minister.

Sein Ministerium schlägt auch in Bezug auf Pestizide Alarm. Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe und Abbauprodukte wurden bei Untersuchungen der tieferen Erdschichten in nahezu allen 235 Messstationen festgestellt, auch wenn diese noch keine gesundheitsgefährdenden Richtwerte erreicht hätten.

Bauernverbandspräsident Werner Schwarz teilt die dramatische Darstellung des Ministeriums zur Viehhaltung und Überdüngung nicht. Dort, wo es regional einen hohen Viehbesatz gebe, würden die Landwirte die anfallenden Exkremente in andere Regionen transportieren.