nd-aktuell.de / 19.03.2018 / Berlin / Seite 11

»Tempo 30 ist nur ein erster Schritt«

Nicolas Šustr

»Wo gibt es das denn, dass eine Autobahn mitten durch die Stadt führt«, empört sich Annette Ahme, Vorsitzende des Vereins »Berliner Historische Mitte«. Sie meint damit die Bundesstraße 1 vom Alexanderplatz bis nach Zehlendorf. Vielspurig zieht sie sich als Gruner-, Gertrauden-, Leipziger, Potsdamer, Haupt- und Schloßstraße nicht nur durch das historische Zentrum der Hauptstadt.

»Die Straße muss ihre überörtliche Funktion verlieren und jeweils nur Zubringer werden für die attraktiven Orte, die an ihr liegen«, fordert Ahme. Erreicht werden soll das Ziel durch eine Sperrung für den Durchgangsverkehr an mehreren Punkten. »Im Bereich des Alexanderplatzes, am Kulturforum, am Kleistpark, am Schöneberger Anger, an den Rathäusern Friedenau und Steglitz, am Botanischen Garten sowie im Zehlendorfer Ortskern sollten die Autofahrer nur noch abbiegen können«, so ihre Vorstellung. An den jeweiligen Unterbrechungen sollten auch Parkplätze zur Verfügung stehen.

»Die Tempo-30-Versuche, die der Senat mit diesem Straßenzug starten will, können nur ein erster Schritt sein, hier mehr Struktur und Verweilen zu etablieren statt Transitgeschwindigkeit«, sagt Ahme. Die anstehenden Planungen für eine Straßenbahnstrecke vom Alexanderplatz nach Steglitz seien ein guter Anlass, dies anzugehen. »So befreit vom Durchgangsverkehr müssen die Gleise auch nicht von der Straße separiert werden«, sagt Ahme.

Als Vorbild für so eine Durchschneidung von Straßen sieht sie die Lösung an der Bergmannstraße in Kreuzberg, die in Höhe des Marheinekeplatzes geteilt wurde. »Ich führe dort immer wieder Politiker hin, um ihnen zu zeigen, dass dort nichts ab- oder weggeschnitten wurde«, sagt die Vereinsvorsitzende. Durch diese Maßnahme sei die Bergmannstraße erst hochgekommen. »Eine solche Durchschneidung von Straßen an wichtigen Punkten kostet kaum Geld und schafft echte Plätze und Aufenthaltsqualität«, so Ahme.

Dass mit einer Teilung des Straßenzuges der Verkehr in der Hauptstadt zum Erliegen kommen würde, glaubt sie nicht. Einerseits gebe es mit der A 103 und dem Tiergartentunnel teilweise parallel führende Alternativen. Andererseits müsse das eigentlich für den überörtlichen Verkehr geltende Ringkonzept mit dem Stadtring A 100 sowie dem kleinen Straßenring, der unter anderem durch Invaliden- und Danziger Straße gebildet wird, besser ausgeschildert werden.

»Wenn auf dem ganzen Straßenzug im Vorgriff Tempo 30 gelten würde, wäre das eine schöne Vorübung für die Zivilisierung all dieser hochattraktiven städtischen und touristischen Bereiche«, sagt Ahme.