nd-aktuell.de / 20.03.2018 / Politik / Seite 4

Kurden-Kapitän

Personalie: Deniz Naki nimmt am Hungerstreik gegen die Besetzung Afrins teil.

Alexander Ludewig

Es ist ein besonderer Tweet, den Deniz Naki am Sonntagabend ins Netzwerk Twitter stellte. Sonst schreibt der 28-Jährige dort auf Türkisch. Dass er am Montag in Genf sein wird, teilt er auf Deutsch mit. Er will größere Aufmerksamkeit für sein Anliegen: Hashtag Efrîn – vor dem 2. Hauptsitz der UNO nimmt er an einem Hungerstreik gegen den Einmarsch der Türkei in die nordsyrische Stadt Afrin teil.

Öffentliche Aufmerksamkeit ist Naki gewiss. Die bekommt er schon sein halbes Leben lang. Zuerst als Fußballer. Sein Talent führt den in Düren geborenen Sohn türkisch-kurdischer Eltern bis ins deutsche U21-Nationalteam. Seine beste sportliche Zeit hat er beim FC St. Pauli: Mit seinen Toren schoss der dribbelstarke Offensivspieler den Klub 2010 in die 1. Bundesliga.

Seine wichtigste Station ist ein Drittligist: Der Amed SK gilt als der FC Barcelona der Türkei - ein Fußballklub als Symbol des Widerstands. Amed ist der kurdische Name für die türkische Stadt Diyarbakır. Gelandet ist Naki dort, weil er es sich nie leicht gemacht und seine Meinung immer offen vertreten hat. Nach einem Sieg beim F.C. Hansa rammte er eine Pauli-Fahne in den Rostocker Rasen - die linke Anhängerschaft des Hamburger Kiezklubs jubelte im Feindesland. In Streit geriet er aber auch mit Trainern - so verließ er 2012 Hamburg, ein Jahr später den SC Paderborn - und Deutschland.

So früh wie das Fußballspielen lernte Naki auch, »zu seinem Wort zu stehen«. Als Sechsjähriger war er das erste Mal auf einer kurdischen Demonstration - mit seinem Vater, der in den 70er Jahren vor Gefängnis und Folter aus der Türkei geflohen war.

»Ich lasse mich nicht einschüchtern«, sagte Naki Anfang Januar, nachdem er während eines Heimatbesuches in seinem Auto auf der A4 beschossen wurde. Die Staatsanwaltschaft Aachen ermittelt noch, Naki vermutet den türkischen Geheimdienst hinter dem Anschlag. Sicher war es für ihn in der Türkei aber auch nicht mehr. Als Kapitän von Amed SK wurde er geschlagen und getreten - und wegen angeblicher Terrorpropaganda für die PKK zu 18 Monaten auf Bewährung verurteilt. Er kämpft weiter, jetzt gerade in Genf.