nd-aktuell.de / 21.03.2018 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 11

Gerade entdeckt - und schon vor dem Abriss

Nordrhein-Westfalen: Auf dem Gelände einer Baustelle in Witten wurden Überreste der Stahlstandorte aus dem 19. Jahrhundert gefunden

Witten. Nur wenige Wochen nach der Wiederentdeckung stehen zwei Industriedenkmäler in Nordrhein-Westfalen vor dem Abriss. Die europaweit weitgehend einzigartigen Hüttenwerke in Witten aus dem 19. Jahrhundert waren vor rund vier Wochen im Zuge von Arbeiten für den Bau eines neuen Gewerbegebiets zufällig gefunden worden. Die rund vier Hektar große Anlage war seit rund 100 Jahren auf keiner Karte mehr verzeichnet.

»Vergleichbare Überreste solcher Anlagen gibt es in dem Umfang europaweit kaum mehr«, sagte Professor Michael Rind vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) am Dienstag in Witten. Das Gebiet war nach der Entdeckung der Stahlwerke von den Behörden vorübergehend unter Denkmalschutz gestellt worden. Derzeit wird das Gelände mit Hochdruck von Archäologen untersucht, bevor alles ab der kommenden Woche planiert und zugeschüttet werden soll.

Neben zahlreichen Gewölben und Überresten technischer Anlagen wurden auch ein alter Hut und eine Bierflasche entdeckt. Die Arbeit in dem riesigen Labyrinth aus Gängen und Gewölben ist dabei nicht ganz ungefährlich. »Immer wieder aber müssen wir Untergrund und Mauerstrukturen auf unbekannte Hohlräume hin untersuchen, um ein Einstürzen in bis zu vier Meter Tiefe zu verhindern«, erklärte Wolfram Essling-Wintzer, Referent für Mittelalter und Neuzeit Archäologie beim LWL.

Schon jetzt habe der Wittener Fund einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der Industriekultur im Ruhrgebiet geleistet, hieß es. Derartige Stahlwerke seien europaweit so gut wie gar nicht mehr zu finden. Die spektakuläre Anlage habe große Beachtung gefunden, sagte Rind. Die Archäologen hoffen nun, dass spätere Generationen die riesige Anlage vielleicht noch einmal erforschen können. Denn die Grundmauern der historischen Gebäude bleiben nach der Einebnung des Geländes für das Gewerbegebiet erhalten. dpa/nd