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Endlose Plage

Kopfläuse befallen am häufigsten Kinder im Vor- und Grundschulalter - die übliche Hygiene schützt nicht davor

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 4 Min.

Läusealarm im Kindergarten - in die Apotheke gewetzt, geeignetes Mittel gekauft, Kind geschnappt, Kopf gewaschen und mit dem Spezialkamm feucht ausgekämmt. Dann müssen bei allen Familienmitgliedern die Kopfhaare kontrolliert werden. Das Waschen mit dem Läusemittel ist zwischen dem achten und zehnten Tag nach der Entdeckung und Erstbehandlung zu wiederholen, das feuchte Auskämmen in mehrtägigem Abstand bis zu viermal. Die Prozedur mit dem Läusekamm ist langwierig und stellt die Geduld der Kinder auf eine harte Probe, weil jede Strähne sorgfältig ausgekämmt werden muss, bei Nissenfunden auch noch ein weiteres Mal. Stillsitzen ist angesagt.

Dass die Läuse immer wieder auftreten, ist keine Frage der Hygiene. Zwar sollen bei Entdeckung eines Befalls auch Kopfkissenbezüge gewechselt, Bürsten und Kämme gereinigt sowie Mützen, Schals und Kuscheltiere drei Tage luftdicht in Plastetüten verpackt werden. Jedoch ist das eher sekundär, ein vollständiger Hausputz nicht nötig. Die Kopfläuse überleben nicht länger als drei Tage außerhalb ihres Lieblingsbiotops. Aber warum gibt es immer noch und immer wieder Kopfläuse?

»Aus parasitologischer Sicht sollte der Mensch in der Lage sein, Kopfläuse dauerhaft zu beseitigen. Zum einen leben alle Stadien der Kopflaus optimal nur im Kopfhaar und haben damit im Vergleich zu anderen Parasiten einen sehr kleinen Lebensraum, der sich eigentlich gut überwachen lassen sollte. Außerdem gibt es verschiedene sehr gut wirksame Mittel und Verfahren zu ihrer Bekämpfung«, erläutert Birgit Habedank. Die Fachparasitologin leitet die Arbeitsgemeinschaft Gliedertierprüfung beim Umweltbundesamt. Sie weist darauf hin, dass es dennoch immer wieder Schlupflöcher gibt, die das Überleben und eine Übertragung der Kopfläuse ermöglichen. »Diese müssen geschlossen werden - durch eine frühe Diagnostik, schnelle Kommunikation von Kopflausbefall an den Kontaktpersonenkreis, die Auswahl und Anwendung wirksamer Kopflausmittel und Erfolgskontrolle der Bekämpfung.«

Manche Eltern treibt die Frage um, warum bestimmte Kinder scheinbar nie Kopfläuse bekommen und andere ständig. Für alle Altersgruppen gilt: Wer keine Haare hat, bekommt auch keine Kopfläuse. Nun ist eine Glatze bei Kindern aber eher die Ausnahme. Birgit Habedank zur Wahrscheinlichkeit von Befall oder Nicht-Befall: »Es gibt sicher Personen, die keine oder seltener Läuse bekommen, weil sie entweder einer Übertragung nicht oder kaum ausgesetzt sind oder die Übertragungswege gezielt eingeschränkt haben. Möglichkeiten sind etwa, direkten Kontakt mit dem Kopfhaar befallener Personen zu vermeiden oder zumindest die Kontaktmöglichkeit zu reduzieren, indem man offene Haare mit Haarklemmen oder -gummis zusammenfasst, oder auch Haarbürsten und Kämme nicht gemeinsam verwendet.« Allerdings wissen Kinder meistens nicht, wer unter ihren Spielkameraden Läuse etwa aus den Ferien mitgebracht hat. Deshalb wird vermutet, dass gerade sehr »soziale« Kinder, die gerne die Köpfe mit ihren Freundinnen und Freunden zusammenstecken, auch die kleinen Schädlinge immer wieder anschleppen.

Wie häufig Kopfläuse tatsächlich auftreten, dafür gibt es wenige Belege. Das liegt mit daran, dass sie ziemlich harmlos sind, bis auf kleine Fol-geinfektionen der aufgekratzten Kopfhaut. Zwar existiert eine Meldepflicht für Gemeinschaftseinrichtungen gegenüber den Gesundheitsämtern. Deren Ergebnisse werden aber nicht bundesweit zusammengeführt. Auch die Betroffenen außerhalb von Schulen oder Kitas werden so nicht erfasst. »Kopfläuse sind generell in ganz Deutschland verbreitet, bei Personen aller sozialen Schichten und aller Altersgruppen, insbesondere bei Kindern«, betont Expertin Habedank. Sie verweist auf regionale Untersuchungen, bei denen bei etwa 0,7 bis 3 Prozent der kontrollierten Kinder Kopfläuse in verschiedenen Entwicklungsstadien, also einschließlich der Nissen, gefunden wurden.

Verkaufszahlen von Kopflausmitteln geben nach Habedank nur eine sehr grobe Orientierung über die tatsächliche Verbreitung der Parasiten. Ein Teil der apothekenpflichtigen Arzneimittel ist für Kinder bis zum 12. Lebensjahr durch die Gesetzliche Krankenversicherung erstattungsfähig, ebenso für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zum 18. Lebensjahr. Dafür müssen Eltern jedoch den Umweg über den Arzt gehen und zunächst ein Rezept holen. Experten wie Habedank empfehlen vor allem Familien mit Kindern, unabhängig von einem Befall einen Läusekamm als hygienische Grundausstattung im Haus zu haben.

Weitere Informationen auf folgender Webseite des Umweltbundesamtes:

www.biozid.info - unter dem Stichwort Schädlingsratgeber/Kopflaus

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