nd-aktuell.de / 31.03.2018 / Kultur / Seite 20

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Linda Brown

1942 - 25. 3. 2018

Manche schreiben Geschichte, ohne sich des Ausmaßes bewusst sein zu können. Linda Brown war gerade einmal neun Jahre alt, als ihr Vater Oliver nicht mehr akzeptieren wollte, dass seine Tochter nicht die nahe gelegene Schule für Weiße besuchen dürfe und stattdessen einen weiten Schulweg in Kauf nehmen muss, um zur Schule für Schwarze zu gelangen. Unterstützt von der Nationalen Vereinigung zur Förderung farbiger Bürger, NAACP, klagte Vater Brown gegen die Rassentrennung an öffentlichen Schulen in Topeko im Bundesstaat Kansas. Zusammengefasst mit ähnlichen Sammelklagen, entschied darüber letztinstanzlich das Oberste Gericht.

Das Urteil »Brown v. Board of Education« vom 17. Mai 1954 ist historisch: Die Rassentrennung an US-amerikanischen Schulen verstößt gegen das von der Verfassung garantierte Grundrecht auf Gleichbehandlung.

Linda Brown, die als Erwachsene sagte, es sei nicht immer leicht gewesen, schon so früh im Fokus der nationalen Öffentlichkeit zu stehen, kümmerte sich zeitlebens um das Erbe des historischen Urteils. Sie wurde Lehrerin, unterrichtete Klavier und arbeitete mit der Brown-Stiftung zusammen, um gegen die auch nach dem Urteil anhaltende Praxis der Rassentrennung an Schulen zu kämpfen. ais

Stéphane Audran

8. 11. 1932 - 27. 3. 2018

Bis heute gibt es keinen Film, der die unerträgliche Sinnlosigkeit des Seins im gehobenen Bürgertum so perfekt verspottet wie »Der diskrete Charme der Bourgeoisie« von Luis Buñuel. Vor allem die spießige Gastgeberin Alice Sénéchal brennt sich dem Betrachter direkt ins Gedächtnis ein. Mit dieser Rolle etablierte sich Stéphane Audran 1972 endgültig in der Liga der außergewöhnlichen Schauspielerinnen.

Filmkennern war sie da längst ein Begriff: 1968 erhielt Audran den Silbernen Bären der Berlinale als beste Darstellerin für ihre Verkörperung der Frédérique in »Zwei Freundinnen« - ein Film ihres Ehemanns Claude Chabrol, mit dem sie häufig zusammenarbeitete. Dem breiten Publikum wurde sie erst durch Buñuels große Satire in der Mitte ihres Lebens bekannt. Es folgten unter anderem Auftritte in Samuel Fullers »The Big Red One« und in »Babettes Fest« von Gabriel Axel. Auch politisch war Audran aktiv: Sie gehörte zu den Unterzeichnerinnen des »Manifeste des 343«, in dem französische Frauen im April 1971 im »Nouvel Observateur« für eine Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs warben und offenbarten, dass sie abgetrieben hatten. cba