nd-aktuell.de / 05.04.2018 / Berlin / Seite 12

Zentrum für Stadt des Friedens

Das Palais am Festungsgraben könnte zum «Haus für die Vereinten Nationen» werden

Tomas Morgenstern

Ein elegantes Palais aus dem 18. Jahrhundert, am Boulevard Unter den Linden, versteckt hinter der Neuen Wache und dem Kastanienwäldchen, flankiert vom Zeughaus, der Humboldt-Uni und dem Maxim-Gorki-Theater. Es grenzt an ein Wunder, dass es in solch prominenter Lage mitten in der Hauptstadt ein Haus von solchem Rang gibt, das sich nicht fest in Investorenhand befindet. Und das für diverse Zwischennutzungen regelrecht verramscht wird.

Die Stadt Berlin sucht nach einem Konzept und einem Betreiber für dieses Kleinod. Einer der Anwärter, der Verein «Haus für die Vereinten Nationen e.V.», hat sich am Mittwoch aus der Deckung gewagt und ein anspruchsvolles Konzept vorgestellt. Getragen und unterstützt wird es von namhaften Persönlichkeiten. Die Liste trägt über 400 Namen. Unterzeichnet haben etwa der ehemalige deutsche UN-Botschafter Gunter Pleuger, Ex-Umweltminister Klaus Töpfer (CDU), Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), Wolfgang Thierse und Eva Högl (beide SPD) und Katrin Göhring-Eckardt (Grüne).

Der Verein will einen zentralen Debattenort in der Hauptstadt schaffen, an dem über die Interessen und Ziele der UNO sowie Deutschlands Wirken in der Weltorganisation informiert und geworben werden soll. Ein offenes Haus für den Dialog mit der Bürgergesellschaft Berlins, mit Politik, Wirtschaft und Kultur. Offen auch für Vereine, NGOs, kreative Menschen. Ein Haus für Kongresse mit Platz für Theater - es soll weiter dem Theater im Palais und dem Maxim-Gorki-Theater Raum geben -, Konzert, Tanz und Gastronomie. Und es soll Sitz der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN) werden.

Das Palais bedarf dringend der Sanierung - ein angesichts der Bodenverhältnisse großes finanzielles Wagnis. Bislang heißt es, Sanierung und Umbau sollen 2019 beginnen und möglichst 2021 abgeschlossen sein. Im April 2017 hatte daher die landeseigene Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) ein Interessenbekundungsverfahren gestartet. Bis zum 6. Oktober waren dem Vernehmen nach zehn Projekte eingereicht worden. Obwohl das Verfahren nicht öffentlich war, hatte ein «Tagesspiegel»-Beitrag in der vergangenen Woche einige Schlaglichter auf den Findungsprozess geworfen. Demnach sollen drei der Projekte in die engere Wahl gekommen sein, darunter ein Event-Konzept der kommunalen Immobiliengesellschaft Berlinovo, ein «deutsches Haus» genanntes Forum für Künstler und Wissenschaftler, das sich dem Thema Flucht und Schutz verpflichtet sehe.

Wie es hieß, hat Kultursenator Klaus Lederer (LINKE) noch keine Entscheidung gefällt. Lederers Sprecher Daniel Bartsch sagte dem «nd»: «Für uns ist wichtig, dass die Liegenschaft künftig kulturell beziehungsweise kulturaffin genutzt wird.»

Aus Sicht des Vereins «Haus für die Vereinten Nationen» sind die drei «landeseigenen Konzepte» dieser «Shortlist» keine ernsthafte Konkurrenz. «Entschieden wird darüber vom Senat, und das ist noch nicht geschehen, sagte Vereinsvorsitzer Rolf Kreibig. Mit dem »Haus für die Vereinten Nationen« gehe es um ein »Signal für Berlin«. Es sei an der Zeit, dass Berlin, das einst für Krieg und Zerstörung stand und heute eine Stadt des Friedens sei, ein eigenes, langfristig verpflichtendes Schwerpunktthema erhält: den Dialog über den Weltfrieden. Die deutsche Hauptstadt als viertgrößter Ressourcengeber der Vereinten Nationen brauche einen Ort, an dem die friedensstiftende, völkerverbindende Rolle der UN und ihrer Unterorganisationen präsentiert werden könne, betonte der langgediente UN-Diplomat Pleuger. Dort könnten Zivilgesellschaft und Vereinte Nationen sich auf vielfältige Weise miteinander austauschen.

Beiratsmitglied Manfred Rettig, früherer Chef der Stiftung Berliner Schloss, hält Berlins Mitte rund um das neue Humboldtforum dafür prädestiniert. »Hier können wir Friedenspolitik in Berlin regelrecht zelebrieren«, sagte er mit Blick auf das entstehende »House of One« für den Dialog der Religionen, die benachbarten Museen und Politik- und Kulturinstitutionen.