nd-aktuell.de / 11.04.2018 / Brandenburg / Seite 10

Krankenschwester und Altenpfleger ein Beruf

Das Bundesland hat die Ausbildungskapazitäten gesteigert, aber damit ist der Pflegenotstand nicht abgewendet

Wilfried Neiße

Auch Brandenburg nimmt Kurs auf eine Reform der Pflegeausbildung. Dass auf diese Weise der wachsende Pflegenotstand verringert wird, kann aber allenfalls eine Hoffnung sein.

Auf einer Fachtagung am Dienstag in Potsdam erläuterte Gesundheitsstaatssekretärin Almuth Hartwig-Tiedt (LINKE) die Ansprüche, die sich für Brandenburg aus der bundesweiten Ausbildungsreform für die Pflegeberufe ergeben. Die derzeit getrennte Ausbildung von Altenpflegern, Krankenschwestern und Kinderkrankenschwestern soll ab 2020 zusammengefasst werden und nach drei Jahren Pflegefachfrauen beziehungsweise Pflegefachmänner hervorbringen. Geplant ist ferner, den Beruf attraktiver zu machen, indem eine akademische Weiterbildung ermöglicht wird. Seit 2013 bietet die Technische Universität Cottbus-Senftenberg den Studiengang Pflegewissenschaft an.

Derzeit gibt es im Bundesland 18 staatlich anerkannte Altenpflegeschulen mit einer Ausbildungskapazität von zusammen 2500 Plätzen. Insgesamt 2200 Plätze bieten zudem die 17 staatlich anerkannten Krankenpflegeschulen und drei Kinderkrankenpflegeschulen an. Vorgesehen ist, dass künftige alle Krankenhäuser und Altenheime für die Ausbildung bezahlen, egal ob sie sich um die Ausbildung von jungen Leuten kümmern oder nicht. Ein Teil der Ausbildungsstandorte bietet heute schon beide Sparten an - die Alten- und die Krankenpflege. Die anderen müssen sich auf die kommende übergreifende Berufsausbildung vorbereiten.

Staatssekretärin Hartwig-Tiedt erklärte: »Der Bedarf an gut ausgebildeten Pflegekräften steigt rasant. Die Reform hat enorme Auswirkungen auf die gesamte Pflege- und Schullandschaft.« Derzeit arbeiten in der Altenpflege des Landes rund 34 700 Beschäftigte. Das sind etwa 70 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Dennoch reicht das nicht aus. Aufgrund der Überalterung der Gesellschaft werden nach heutigen Schätzungen im Jahr 2024 etwa 58 000 Pfleger benötigt. Denn dann werden voraussichtlich rund 174 000 Einwohner Brandenburgs pflegebedürftig sein. Derzeit betrifft das 112 000 Einwohner. Auch die Aufgaben der Krankenhäuser wachsen. Seit 2010 ist die Zahl der jährlich behandelten Patienten von 540 000 auf 570 000 gestiegen. Gleichzeitig sank die durchschnittliche Verweildauer des einzelnen Patienten von 8,3 auf 7,8 Tage.

In den vergangenen Monaten signalisierte die Pflegebranche auch in Brandenburg einen Notstand. Ambulante Pflegedienste bekundeten, aus Personalnot keine neuen Betreuungsfälle mehr annehmen zu können. Betreiber klagen über Personalnot, Überbelastung der Arbeitskräfte und Abwanderung der Fachkräfte nach Berlin, wo besser bezahlt wird. Der Blick auf die Situation in der Ausbildung verheißt keine schnelle Lösung. Von den derzeit 4700 Ausbildungsplätzen in Brandenburg sind rund 1200 nicht besetzt.

SPD-Landtagsfraktionschef Mike Bischoff sprach am Dienstag davon, dass die Pflege »sehr schlecht ausfinanziert« sei. Die Gewährung von Tariflöhnen für die Pflegefachkräfte führe zu einem erheblich höheren Eigenbeitrag der Pflegebedürftigen, da die Pflegeversicherung nicht voll für die Kosten aufkommt. Für Aufsehen sorgte zuletzt eine Lohnerhöhung bei der Arbeiterwohlfahrt, die in Seniorenheimen in Ostbrandenburg dazu führt, dass die Bewohner beziehungsweise ihre Angehörigen je nach Pflegestufe monatlich bis zu 500 Euro mehr Eigenanteil berappen sollen.

Vor einigen Wochen hat der Landtag die rot-rote Landesregierung zu einer Bundesratsinitiative in Sachen Pflegekostenverteilung aufgefordert. Dem Beschluss zufolge soll sich die Landesregierung im Bundesrat dafür einsetzen, dass die Pflegeversicherung finanziell besser ausgestattet wird. Ziel sei, »Pflegebedürftige zu entlasten und zu verhindern, dass Kostensteigerungen nur durch die Betroffenen, ihre Angehörigen und die Sozialhilfeträger zu tragen sind.« Ferner soll sich die Landesregierung dafür einsetzen, dass wirksame Schritte für einen Einstieg in eine solidarische Pflegeversicherung eingeleitet werden.