nd-aktuell.de / 11.04.2018 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 1

Gepflegte Rendite

Internationale Finanzgesellschaften investieren gern in die deutsche Pflegebranche

Berlin. Was tun renditeorientierte Finanzinvestoren, wenn die bisher bevorzugten Anlageobjekte nicht mehr genug Gewinn abwerfen? Richtig, sie suchen sich neue Branchen, in die sie investieren können. Derzeit haben es internationale Beteiligungsgesellschaften auf große deutsche Pflege- und Altenpflegekonzerne abgesehen. Investitionen in diese Branche, die wegen der fortschreitenden Alterung der Gesellschaft boomt, lohnen sich.

Während Wohnimmobilien und Bürokomplexe wegen stark gestiegener Grundstückspreise in vielen Städten mittlerweile als nicht mehr allzu rentabel gelten, wecken derzeit Schulen, Arztpraxen, Gefängnisse oder eben Pflegeheime Begehrlichkeiten. Dabei ermöglicht die Niedrigzinspolitik der Zentralbanken fette Gewinne. Auch sind die meisten Pflegeheime in einer guten wirtschaftlichen Situation, wie eine Studie des Essener RWI-Instituts für Wirtschaftsforschung und der Unternehmensberatung Deloitte zeigt. Die hiesige Sozialgesetzgebung garantiert ihnen einen steten Geldfluss; zudem sind die durchschnittlichen Renditen mit über fünf Prozent pro Jahr höher als bei anderen Immobilienarten.

Negative Auswirkungen hat der Anlageboom jedoch auf die Beschäftigten - das befürchtet zumindest die Gewerkschaft ver.di. Besonders leiden könnten ausgelagerte Dienstleister wie Wäschereien, denen mit Dumpingpreisen für mehr Rendite das Leben schwer gemacht werden könnte. Auch die Patienten müssen sich wohl auf Nachteile einstellen. Ein-Bett-Zimmer gibt es künftig vielleicht nur noch für Reiche. Adelheid von Stösser von der Pflegeethik Initiative kritisiert den Trend: »Der Staat nimmt in Kauf, dass hilfebedürftige Bürger am Ende ihres Lebens der Geschäftemacherei einer Branche ausgeliefert sind, die den Wert des Menschenlebens in Euro berechnet.« grg Seite 17