nd-aktuell.de / 12.04.2018 / Politik / Seite 14

Wandern über Müllberge

Sachsen-Anhalt: Immer öfter wird Abfall illegal entsorgt - gerade im Harz ist das ein Problem

Simon Ribnitzky, Wenigerode

Von Cola-Dosen und Plastiktüten bis hin zu Autoreifen und Kühlschränken: Müll landet in den Wandergebieten und Wäldern in Sachsen-Anhalt häufig in der Natur. Bei Sammelaktionen entlang der Wanderwege kämen jedes Jahr riesige Mengen an Abfall zusammen, sagte Friedhart Knolle vom Nationalpark Harz. »Das ist in den letzten Jahren definitiv schlimmer geworden.« In den Wäldern Sachsen-Anhalts wird nach Angaben des Landeszentrums Wald auch immer wieder illegal Sperrmüll entsorgt - sogar Möbel.

Im Nationalpark Harz hätten die Ranger vor allem mit sogenanntem Streumüll zu kämpfen, berichtete Knolle. Dabei gehe es vor allem um achtlos weggeworfene Verpackungen entlang der großen Wanderwege. Mülleimer an den Parkplätzen würden häufig überquellen, Tiere - etwa Wildschweine - würden den Müll dann überall verteilen.

Ohne die Hilfe von Ehrenamtlichen könnten die Ranger des Nationalparks der Verschmutzung kaum Herr werden, sagte Knolle. Zu Walpurgis am 30. April soll es auch in diesem Jahr eine Sammelaktion gemeinsam mit Geocachern geben. Im vergangenen Jahr füllten die Freiwilligen dabei 90 große Müllsäcke. Wenn er mit Gruppen im Nationalpark unterwegs sei, nehme er auch immer eine Mülltüte mit, sagte Knolle. »Die ist ruck zuck voll.« Und sie habe einen unglaublich disziplinierenden Effekt auf die Gruppe. »Wer einmal selber Müll gesammelt hat, dem wird die Auswirkung schnell klar.«

Mülleimer gibt es abseits der Parkplätze im Nationalpark nicht mehr. »Wenn kein Mülleimer da ist, zwingt das die Leute zum Nachdenken, ihren Müll eben doch wieder mitzunehmen«, erklärte Knolle. Die Entsorgung dieses Mischmülls sei zudem sehr teuer. »Wir können das einfach nicht mehr bezahlen.«

Auch im Naturpark Drömling im Nordwesten Sachsen-Anhalts wurden viele Mülleimer abgebaut. »Viele Leute haben da ihr ganzes Auto ausgemistet und die Körbe gefüllt«, sagte Wolfgang Sender von der Parkverwaltung. Immer wieder werde an schwer einsehbaren Stellen im Parkgebiet auch Sperrmüll illegal entsorgt. Sender berichtete von Bauschutt, Autoreifen, Kühlschränken und Möbeln. Ermitteln lassen sich die Verursacher nur sehr selten. »Es wird kaum jemand dabei erwischt«, sagte Sender. Auch in den Wäldern im Land werde immer wieder illegal Müll abgeladen, berichtete Jörg Borchardt vom Landeszentrum Wald in Halberstadt. »Offenbar scheuen einige die Mühe und die Kosten einer fachgerechten Entsorgung und laden das Zeug einfach im Wald ab.« Spaziergänger würden dagegen eher selten Müll in die Landschaft werfen, sagte Borchardt.

Friedhart Knolle vom Nationalpark Harz beklagte ein mangelndes Umweltbewusstsein in der Gesellschaft. »In der neuen großen Koalition spielt Umweltschutz kaum eine Rolle«, sagte der Experte des Nationalparks im Harz. »Wir waren in den 70er und 80er Jahren schon viel weiter, was Umweltbewusstsein angeht.« Zwar sei jeder irgendwie für Umweltschutz - aber nur die Wenigsten würden auch etwas dafür tun. dpa/nd