Nun sind Parlament und Justiz dran

Macrons Reformdrang ist ungebrochen

  • Ralf Klingsieck
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Reformdrang des französischen Präsidenten Emmanuel Macron ist ungebrochen. Er will viel von dem endlich erfolgreich zu Ende führen, was frühere Präsidenten angepackt, aber angesichts der Widerstände wieder fallengelassen haben. Sein Ziel ist es, »Frankreich stärker zu machen« - für die aktuellen Herausforderungen im Innern und in der Welt, wie er in einem Fernsehinterview für den Sender FOX am Vorabend seines gegenwärtigen Staatsbesuchs in den USA betonte. Die Proteste und Streiks gegen diese Pläne seien »verständlich und legitim«, sagt er, aber es gebe »nicht den Hauch einer Chance«, dass er einlenkt und den Reformkurs abbricht.

Nach der schon 2017 erfolgreich durchgesetzten Arbeitsrechtsreform und der Bahnreform, gegen die seit Wochen gestreikt wird, sowie nach der Reform des Asylrechts, die kürzlich in erster Lesung von der Nationalversammlung verabschiedet wurde, hat Macron schon wieder zwei neue Projekte angeschoben: Für eine Parlamentsreform wird der Gesetzentwurf in Kürze der Nationalversammlung vorgelegt und den Gesetzentwurf für die Justizreform hat der Ministerrat in der vergangenen Woche verabschiedet.

Die Parlamentsreform sieht vor, dass in beiden Kammern die Zahl der Sitze reduziert werden soll - in der Nationalversammlung von 577 auf 404 und im Senat von 348 auf 244 Sitze. Das soll vor allem die Effizienz der Parlamentsarbeit verbessern. Darum können die Parlamentarier mit einem Teil der so eingesparten Gelder mehr persönliche Mitarbeiter beschäftigen. Das Wahlsystem soll gerechter werden, indem das geltende Mehrheitswahlsystem durch 15 Prozent Verhältniswahlsystem ergänzt wird. Praktisch bedeutet dies, dass schon bei der nächsten Parlamentswahl im Jahr 2022 über 60 der 404 Sitze der Nationalversammlung landesweit nach Kandidatenlisten der Parteien abgestimmt werden würden. Abgeordnete und Senatoren sowie Bürgermeister sollen nicht mehr als drei Ämter gleichzeitig ausüben dürfen und jedes nicht mehr als drei Amtszeiten hintereinander. Die jährliche Haushaltsdebatte soll von 70 auf 50 Tage verkürzt werden. Angesichts des Unmuts aus allen Fraktionen verzichtet die Regierung allerdings auf ihre ursprüngliche Absicht, die Zahl möglicher Änderungsanträge an Gesetzesvorhaben zu begrenzen.

Die Justizreform sieht vor, das Budget bis 2022 um 24 Prozent auf jährlich 8,3 Milliarden Euro zu erhöhen und damit 6500 neue Posten zu schaffen. Das System der Zivilverfahren soll vereinfacht werden. Bei relativ niedrigem Streitwert sollen beispielsweise bei Mietrückständen oder bei Zahlungsverzug die Anträge per Internet entgegengenommen und die Entscheidung des Richters auch auf diesem Wege verkündet werden. Viele Gerichtsbezirke und deren Gerichte werden den Plänen zufolge zusammengelegt. Verschiedene interne Prozeduren, wie etwa die Verlängerung von Untersuchungshaft oder Haftprüfungen, sollen zukünftig per Internet beantragt und vom Richter ohne Vorführung des Häftlings und Anwesenheit seines Anwalts entschieden werden.

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