nd-aktuell.de / 25.04.2007 / Wirtschaft und Umwelt

Wasserknappheit setzt Australien zu

Dürre bedroht die Landwirtschaft / Regierung kündigt umfangreiche Nahrungsmittelimporte an

Michael Lenz, Sydney
Australien gilt in Sachen Klimaschutz als einer der Hauptbremser unter den Industrieländern. Dabei bekommt der fünfte Kontinent bereits die Folgen des Klimawandels zu spüren.
In einem dramatischen Appell hat Australiens Premierminister John Howard seine Landsleute auf rasant steigende Preise für Lebensmittel und die Notwendigkeit, Nahrungsmittel im großen Stil importieren zu müssen, vorbereitet. Wenn es in den nächsten sechs bis acht Wochen nicht zu kräftigen Regenfällen im Murray-Darling-Becken komme, müsse die Bewässerung der Felder, Weiden und Obstplantagen eingestellt werden, sagte Howard dieser Tage in der Hauptstadt Canberra. Bereits im vergangenen Jahr waren die Lebensmittelpreise in »down under« in Folge der Dürre um zehn Prozent gestiegen. Damit ist eingetreten, was Umweltexperten seit Langem befürchten: ein Verteilungskampf um Wasser zwischen Stadt und Land. Die Dürre hat weite Teile Australiens fest im Griff, und die Stauseen zur Wasserversorgung australischer Metropolen wie Melbourne oder Sydney sind so gut wie leer. Das Flusssystem des Murray-Darling-Beckens speist Australiens wichtigste und größte Agrarregion. 42 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche liegen in dem 1,4 Millionen Quadratkilometer gro- ßen Becken, zu dem die drei größten Flüsse Australiens gehören: der Darling River mit 2740 Kilometer Länge, der Murray mit 2530 und der Murrumbidgee mit 1690 Kilometer. Hier werden 40 Prozent der Nahrungsmittel erzeugt. Den Bauern droht als Folge der seit Jahren anhaltenden Dürre die schlechteste Ernte seit Menschengedenken. Wenn die Bewässerung auf Anweisung der Behörden eingestellt werden muss, droht ein fast kompletter Ernteausfall. Die Besitzer von Obstplantagen sowie die Winzer würden dann auch ihre Bäume und Reben und damit ihre Existenzgrundlage verlieren. Der Wert der Jahresproduktion der Bauern im Murray-Darling-Becken beträgt sechs Milliarden australische Dollar (3,6, Milliarden Euro). Landwirtschaftsexperten befürchten einen Totalzusammenbruch der Wirtschaft der Region. Die Chancen für den großen Regen stehen bestenfalls 50:50, weiß das Australische Büro für Meteorologie. Zwar habe sich die Regensituation in den vergangenen Monaten leicht gebessert, aber ein Ende der Dürre sei noch nicht in Sicht, warnen die Wetterfrösche. Regierungschef Howard hat derweil eine Aufstockung des 1,2 Milliarden Euro schweren Hilfspakets für die von der Dürre betroffenen Bauern angedeutet, ohne jedoch konkrete Zahlen zu nennen. Bereits jetzt gebe die Regierung täglich 1,2 Millionen Euro als Dürrehilfe aus, melden australische Medien. 17 500 Bauernfamilien seien von der staatlichen Hilfe abhängig. Derweil streiten sich die australische Bundesregierung sowie die drei Anrainerstaaten des Murray-Darling-Beckens, New South Wales, Victoria und Südaustralien, um einen Rettungsplan. Zusätzlich zu der Dürre setzten dem Ökosystem eine seit Jahren übermäßige Wasserentnahme zur Bewässerung der Felder und Weiden sowie extensive Stauanlagen zu. Weite Bereiche der Uferregionen der Flüsse sind versalzen, und das Murray-Delta ist fast komplett versandet.