nd-aktuell.de / 05.05.2018 / Politik / Seite 7

Tschechien experimentierte mit Nowitschok

Präsident Zeman: Reste des Nervengifts wurden zerstört

Jindra Kolar, Prag

Die tschechische Armee hat im Herbst 2017 mit dem Nervengift Nowitschok experimentiert. Dies erklärte am Donnerstagabend Staatspräsident Miloš Zeman in einer Fernsehsendung. »Im November 2017 wurde in einem Militärinstitut in Brno mit einem Nervengift experimentiert. Wie ich informiert wurde, lief dies unter der Bezeichnung A 230«, so Zeman. Man habe jedoch nach kurzer Zeit die Versuche eingestellt und alle Reste der Substanz vernichtet.

Angaben des Militärhistorischen Archivs und des Rates für Kernsicherheit zufolge sollte es sich bei der Substanz A 230 nicht um Nowitschok gehandelt haben. Dieser Auffassung widersprach jedoch der militärische Sicherheitsinformationsdienst. Wie Zeman in dem Interview bestätigte, handelte es sich bei den Experimenten im vergangenen Herbst um das Nervengift, das eine Schlüsselrolle in dem Anschlag auf den russischen Ex-Agenten Sergej Skripal und dessen Tochter gespielt hatte.

Bereits im März hatte Moskau Hinweise lanciert, nach denen in Tschechien Nowitschok hergestellt worden und mit dem Gift auch experimentiert worden sei. Die russische Regierung bestreitet, in den Anschlag auf Skripal verwickelt zu sein. Zeman erklärte, er wisse nicht um die Gründe, warum das Militär mit dem Gift experimentiert habe. Bekannt sei jedoch, wo und in welchem Umfang die Versuche stattgefunden hatten. Die Verantwortlichen hätten den Präsidenten informiert, dass alle Experimente eingestellt seien und auch keine Absicht bestünde, neue Versuche durchzuführen.

Verteidigungsministerin Karla Šlechtová (ANO) erklärte, keinen Kommentar zu dem Präsidenteninterview abgeben zu wollen, weil es sich »um Informationen handle, die unter Geheimhaltung stünden«. Dem widersprach Zeman, ihm sei keine hohe Geheimhaltungsstufe bekannt und er sehe keinen Grund, die Öffentlichkeit nicht zu informieren.

Nach Angaben des Direktors der Militärischen Forschungsanstalt in Brno, Bohuslav Šafář, habe es sich bei den Versuchen um kleinste Mengen gehandelt und »keineswegs um Herstellung von Nervengift«. Tschechien respektiere die Chemiewaffenkonvention und sei Mitglied der Organisation für das Verbot chemischer Waffen OPCW.

Ob nach dem jetzigen Bekanntwerden der Experimente weitere Untersuchungen folgen, ließen die staatlichen Stellen bislang offen. Fraglich bleibt, ob nicht doch geringe Mengen der Substanz A 230 das Institutsgelände und das Land verlassen haben könnten.