nd-aktuell.de / 05.05.2018 / Politik / Seite 6

Kein Labour-Triumph in Englands Kommunen

Bei der Kommunalwahl lagen die Tories vorn - trotz des Skandals um Ex-Innenministerin Amber Rudd

Ian King, London

Beim größten Urnengang seit der Parlamentswahl im Juni 2017 waren Britanniens regierende Konservative aufs Schlimmste gefasst. Nach internen Machtkämpfen und Misserfolgen bei den Brexit-Verhandlungen bot die Partei unter der zaudernden Theresa May ein Bild des Jammers. Das Innenministerium hatte zwischen illegalisierten Ausländern und den schwarzen Briten, die nach 1948 aus der Karibik kamen, unter dem Vorwand den Gesundheitsdienst und öffentlichen Verkehr wieder in Ordnung zu bringen, nicht unterschieden und damit viele schwarze Wähler verprellt: Anfang der Woche musste Innenministerin Amber Rudd zurücktreten, obwohl ihre Vorgängerin Theresa May die wahre Schuld an dem »feindseligen Klima« gegen Menschen mit Migrationshintergrund trug. Kurz: Eine Katastrophe sowie harte innerparteiliche Kritik an May schien sich anzudeuten.

Nichts da. Am Freitagmorgen lagen Nettogewinne der Tories von 13 Rathausmandaten vor. Labours erhoffter Durchbruch blieb mit einem Nettogewinn von 50 Sitzen bescheiden, die im Unterhaus chancenlosen Liberalen erzielten ein Plus von 33 Mandaten. Die rechte United Kingdom Independence Party (UKIP) behielt von über hundert Rathaussitzen ganze drei, ihr Generalsekretär Paul Oakley verglich seine Partei mit der Pest.

Die Ergebnisse der Brexit-Abstimmung hinterließen ihre Spuren. In der Remainer-Metropole London gewann Labour in konservativen Hochburgen wie Wandsworth sieben Mandate hinzu, ohne jedoch die satte rechte Mehrheit zu knacken, während in Hillingdon, Heimat vieler Brexiter, die Tories Mandate hinzugewannen. Die gleichen Siege auf Kosten der UKIP gewannen Konservative in brexitfreundlichen Gegenden Ostenglands wie Yarmouth, Basildon und Peterborough. Jeremy Corbyn musste hingegen nach Devon eilen, um einen klaren Labour-Sieg in Plymouth zu feiern. Labour habe solide Ergebnisse eingefahren und sei für die nächste Parlamentswahl gut aufgestellt, behauptete Corbyn - es klang eher wie Pfeifen im dunklen Wald. Liberalenchef Vince Cable freute sich derweil über den Sieg seiner Partei im Remainer-freundlichen Richmond; dass Cable den Nachbarwahlkreis Twickenham vertritt, hat beim Hinauswurf der dortigen Konservativen sicher nicht geschadet.

Die Kommunalwahlergebnisse spiegeln auch lokale Themen wider. So hat Labours Scheitern im Londoner Barnet mit dem Antisemitismus-Vorwurf gegen die Partei zu tun, denn Stadtteile wie Golders Green haben den höchsten Anteil jüdischer Wähler des Landes. Hier ist Corbyns Eintreten für einen palästinensischen Staat in einer rechten Pressekampagne als Judenhass dargestellt worden. Aber Labour-Organisator Andrew Gwynne musste auch kleinlaut zugeben, dass deutlichere Schritte gegen Online-Mobbing von jüdischen Fraktionskolleginnen wie Ruth Smeeth getan werden müsse. Als weiteres Beispiel gilt das nordenglische Sheffield. Dort hatte die Labour-Rathausmehrheit 5000 gesunde Bäume fällen lassen - örtliche Liberale und Grüne protestierten und nahmen Labour vier Mandate ab, ohne jedoch die rote Vorherrschaft zu gefährden.

Das Fazit der Kommunalwahl: Außer UKIP haben alle Parteien mehr oder weniger gesiegt. Theresa May kann aufatmen, aber die Brexiter in ihrem Kabinett auch. Wahlexperte John Curtice meinte im BBC-Interview, es kommt weiterhin auf die Erfolge bei den Austrittsverhandlungen an: Noch ist alles drin.