nd-aktuell.de / 09.05.2018 / Kultur / Seite 12

Ein Ale und ein Zwergenburger

Die Craft-Beer-Marke »Braufactum« will mit ihrem Gastrokonzept neue Welten erobern. Daraus wird nichts.

Christin Odoj
Der Alexanderplatz: Einst taugte er noch als Stoff für epochale Großstadtromane, dann war lange nichts, irgendwann kamen eine Fußgängerzone, ein Centrum-Warenhaus, das Park Inn und der Kaufhof. Dann ging es bergab. Inzwischen hängen die Fressbuden am Brunnen der Völkerfreundschaft nur noch die Girlanden von Weihnachten auf Ostern um, und so geht das Jahr für Jahr. Terra incognita für jeden, der es ernst mit Berlin meint. Dennoch kündigte sich im vergangenen Jahr über Monate an, hier würde demnächst eine Lokalität eröffnen, die irgendwie Hoffnung machte, bald würde sich etwas Genießbares an diesem Ort finden lassen.

Ein Laden, betrieben von einer Marke, die sich bisher darauf verstand, Craft-Beer zu brauen. Den Brauern von Braufactum aus Frankfurt reichte eine schnöde Bierbar nicht, deshalb musste es ein ganzes Restaurant sein. Hätten sie es nur bei ihren schätzungsweise 140 verschiedenen Biersorten belassen, statt dem Summer Ale, Pale Ale, Weizen IPA, Brown Ale, Stock Ale und Scotch Ale noch ein Gastrokonzept anzuhängen, dem man so eindeutig anmerkt, dass es auf Kundschaft setzt, die sowieso am nächsten Tag im Easyjetflieger zurück nach Madrid sitzt.

Schon beim Betreten des Ladens in der Memhardstraße in Mitte schallt es unerträglich laut von der Decke. Irgendwas aus den 80er Jahren. Die eh schon kleinen Tische im Eingangsbereich sind vollgekrempelt mit Besteckhalter, Küchenrolle und Ketchupflasche. Das alles läuft unter der Prämisse, möglichst nah an das amerikanische Diner-Flair heranzukommen, was wiederum überhaupt nicht zur Glas-, Beton- und Holzoptik des restlichen Interieurs passt, die sich im Übrigen doch bitte längst mal totdesignt haben müsste. Auch die Preise haben wenig von einem Diner, gedacht für den einfachen Menschen, der sich auf einer langen Reise befindet. Aber auch das schreckt uns nicht ab, und wir bestellen den Braumeister- und den Southside-Burger (6,50/9,50 Euro). Auch die Grammatikfehler in der Karte nehmen wir hin. Dazu werden jeweils Biersorten empfohlen, die wir folgsam mitbestellen. Das Glas Leitungswasser für zwei Euro ignorieren wir.

Während im Internet damit geworben wird, dass es neben fantastischem Bier auch Essen für beide Hände gibt, ist die Realität mit dieser Ansage in keiner Weise in Einklang zu bringen. Der winzige Braumeister verschwindet in seiner Papierummantelung und ist mit Bierkrug in der einen und Burger in der anderen Hand bequem zu verspeisen. Der Southside kommt ohne Burger-Patty, sondern als Pulled Pork, was nicht in der Karte angekündigt wird und das sich mit dem Tomatenbruschetta zu einer schleimigen Melange vermengt, die nur schnell hintergewürgt irgendwie zu handhaben ist. Am Ende gilt leider die alte Weisheit: Meide die Touristenläden, wo immer du sie triffst.