Um die Lage in vollen Flüchtlingsunterkünften künftig in den Griff zu bekommen, haben sich am Montag rund 200 ExpertInnen zur »Inklusions*-Werkstatt« im Hangar 1 des Tempelhofer Flughafens eingefunden. In acht Workshops will man Konzepte erarbeiten, um solche Bilder, wie sie es im Sommer der Migration 2015 in ganz Deutschland gegeben hat, zu verhindern. Dazu sind VertreterInnen aus nahezu allen Bereichen der Flüchtlingsarbeit - sowohl staatlich, als auch privat - zusammengekommen, um Erfahrungen und bereits existierende Konzepte auszutauschen.
»Ziel ist ein einheitliches Qualitäts- und Beschwerdemanagement für Einrichtungen zur Unterbringung von Geflüchteten und von Wohnungslosigkeit betroffenen Menschen einzuführen, wie es der rot-rot-grüne Koalitionsvertrag vorsieht«, sagt Integrationssenatorin Elke Breitenbach (LINKE). Die Workshops dienten dabei als Anstoß für kommende Entwicklungen. Breitenbach spricht sich ausdrücklich gegen die »Zentren für Ankunft, Entscheidung, Rückführung« (AnkERzentren) der Bundesregierung aus, die in ihren Augen nichts mit einem »selbstverwalteten Leben für Geflüchtete« zu tun haben. Ihr gehe es viel mehr um ein »partizipatives Konzept«, das sich nach den Bedürfnissen aller hier ankommenden Geflüchteten richte. Mit dem sogenannten Unterbringungs-TÜV sollen daher Standards erarbeitet werden, die künftig für alle Flüchtlingseinrichtungen gelten, sagt die Leiterin der Koordinierungsstelle Flüchtlingsmanagement, Sybill Schulz. Wichtige Punkte seien demnach unter anderem Transparenz der Strukturen, Befugnisse des Sicherheitspersonals, Brandschutzvorschriften oder ein Anlaufsystem für anonyme Beschwerden. Letzteres könnte Schulz sich nach Kölner Model vorstellen, wo es bereits seit August 2016 eine sogenannte Ombudsstelle für Geflüchtete gibt. Wichtig sei jedoch deren Unabhängigkeit, sagt sie. Es geht darum, dieses Konzept vor allem in Kooperation mit Betroffenen von Minderheiten, Frauen oder LSBTI-Menschen zu realisieren.
»Es ist fast schon zynisch, eine derartige Veranstaltung hier abzuhalten, während sich im Hangar nebenan noch immer eine der prekärsten Notunterkünfte Berlins befindet«, kritisiert unterdessen Nora Brezger, Sprecherin des Flüchtlingsrates. Gemeinsam mit Kolleginnen verteilt sie in der weitläufigen Halle zwischen den Workshops Pressemitteilungen. Es sei unverantwortlich vom Senat, noch immer Menschen in nach oben offenen, türenlosen Schlafkabinen, bar jeglicher Privatsphäre, unterzubringen. Die Menschen kämen hier nicht zur Ruhe, um sich auf die für sie so wichtigen Asylinterviews vorzubereiten. Ein niedrigschwelliges Beschwerdesystem für Sammelunterkünfte hingegen sei lange überfällig, heißt es in der Stellungnahme des Flüchtlingsrates. Auch dass es zunächst nur für fünf der insgesamt 90 Unterkünfte des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten eine Beschwerdestelle gebe, kritisiert der Flüchtlingsrat.