nd-aktuell.de / 16.05.2018 / Ratgeber / Seite 22

Leichter Rückgang im Vergleich zu 2016

Behandlungsfehler

Die Zahl der festgestellten Behandlungsfehler in Krankenhäusern und Praxen in Deutschland ist im Jahr 2017 nach Daten der Ärzte leicht gesunken. Bestätigt wurden 2213 Fälle - nach 2245 Fällen im Jahr 2016, so die Bundesärztekammer. Zum Tod von Patienten führten Behandlungsfehler demnach in 62 der festgestellten Fälle (2016 waren es 96 Todesfälle).

Die meisten Beschwerden bei den Gutachtern und Schlichtungsstellen der Ärzteschaft betrafen Operationen an Knien und Hüftgelenken sowie Eingriffen wegen Brüchen von Unterschenkel und Sprunggelenk.

Positive Bilanz auch in Berlin und Brandenburg

Nach Angaben der Berliner Ärztekammer gab es im vergangenen Jahr 64 Fällen, bei denen ein Behandlungsfehlers anerkannt wurde. In 195 Verdachtsfällen konnte Ärzten hingegen kein Fehler nachgewiesen werden. Die Werte veränderten sich im Vergleich zu 2016 nur geringfügig. Ungefähr jeden vierten geprüften Fall erkannten die Schlichter als Behandlungsfehler an. Die Quote von 24,7 Prozent ist die geringste der vergangenen Jahre.

Insgesamt gingen 2017 etwas weniger neue Vorwürfe zu Berliner Ärzten bei der Schlichtungsstelle ein: 447 nach 503 im Jahr zuvor. Bei einem großen Teil der möglichen Fehler kommt es regelmäßig aber gar nicht erst zum Schlichtungsverfahren, weil die Anträge zurückgenommen werden und weil der Arzt oder die Versicherung einer Schlichtung nicht zustimmten.

In Brandenburg hat sich die Zahl der Beschwerden, die zur Überprüfung bei der Schlichtungsstelle der Norddeutschen Ärztekammern in Hannover eingingen, im Jahr 2017 mit 233 Anträgen gegenüber 251 im Jahr 2016 verringert. In mehr als einem Drittel der Fälle bejahten die Gutachter einen Behandlungsfehler. Damit lag die Quote mit rund 36 Prozent über der des Vorjahres (27 Prozent).

Fehler oder Mängel in der Risikoaufklärung

Jeder Fehler sei einer zu viel, betonte die Ärztekammer. Gemessen an jährlich 19,5 Millionen Behandlungen in Krankenhäusern und rund einer Milliarde Arztkontakten in Praxen liege die Zahl bestätigter Fälle aber im Promillebereich.

Ursache für Gesundheitsschäden waren Fehler oder Mängel in der Risikoaufklärung laut Statistik nun in 1783 Fällen - nach 1845 Fällen im Jahr zuvor. Drei Viertel der Beschwerden wegen möglicher Behandlungsfehler betrafen Krankenhäuser, ein Viertel Arztpraxen.

Insgesamt trafen die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen für außergerichtliche Lösungen im vergangenen Jahr bundesweit 7307 Entscheidungen zu mutmaßlichen Fehlern (2016 waren es 7639). Dafür beurteilen Experten, inwiefern eine Behandlung zum jeweiligen Zeitpunkt dem anerkannten medizinischen Standard entsprochen hat.

Neben der Ärzteschaft gehen auch die Medizinischen Dienste der Krankenkassen Behandlungsfehlern nach. Im Jahr 2016 erstellten sie rund 15 000 Gutachten, in knapp jedem vierten Fall wurden Fehler bestätigt.

Schaffung eines bundesweiten Zentralregisters nötig

Wie viele Patienten sich direkt an Gerichte, Anwälte oder Versicherungen wenden, ist unbekannt. Nach Schätzungen der Ärzte dürfte die Beschwerdezahl etwa bei 40 000 pro Jahr liegen. Die Dunkelziffer dürfte beträchtlich höher liegen. Deshalb fordert die Deutsche Stiftung Patientenschutz die Schaffung eines bundesweiten Zentralregisters. Nur eine umfassende Statistik zeige rasch, wo es schief laufe und wo Gegenmaßnahmen wirken könnten.

Der Geschäftsführer des Aktionsbündnisses Patientensicherheit, Hardy Müller, sagte: »Es gibt zu viele Fälle, und es gibt Instrumente dagegen, die wir anwenden können.« Wichtig sei, dass alle Beteiligten die Sicherheitskultur weiterentwickelten.

Für die Bundesärztekammer warnte der Vorsitzende der Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, Andreas Crusius, Medizinern wegen Fehlern pauschal Pfusch vorzuwerfen. Es sei keine hohle Phrase, dass die Sicherheit ihrer Patienten für Ärzte immer an erster Stelle stehe. Zwischen Heilen und Schaden liege bei Behandlungen aber generell ein schmaler Grat. Crusius betonte allerdings, dass »Behandlungsdruck Behandlungsfehler begünstigen kann«. dpa/nd