Demonstrieren gegen Bienenkiller und Gensoja

Weltweit fand am Samstag in vielen Städten der »March against Monsanto« statt

  • Knut Henkel
  • Lesedauer: 4 Min.

Für die Bienen und gegen Glyphosat und andere Ackergifte gingen in Hamburg mehrere Hundert Menschen als Teil des weltweit stattfindenden »Marsches gegen Monsanto« auf die Straße. Der US-Pestizidhersteller Monsanto ist ein Symbol der agroindustriellen Landwirtschaft und gilt als Totengräber der Artenvielfalt. Das, so die Organisatoren der Demonstration, wolle man genauso wenig hinnehmen wie die Fusion mit Bayer.

»Monsanto und Bayer vernichten - Vielfalt erhalten« stand auf dem Banner, das dem »March against Monsanto/Bayer« in Hamburg vorangetragen wurde. Frauen, Kinder und Männer in Bienen- oder Käferkostümen marschierten dem Zug voran, der am Hauptbahnhof startete. Zeitweise waren über 1000 Menschen dabei. Ein Erfolg für die Organisatoren der Hamburger Demonstration, auch wenn die Polizei nur von rund 400 Demonstranten sprach. »Letztes Jahr waren wir deutlich weniger, je mehr wir sind, desto mehr Aufmerksamkeit erhalten wir«, freute sich Tom. Er ist einer der Unterstützer der Demo, die die Mönckebergstraße und die Einkaufsmeile am Jungfernstieg passierte und mit einer Abschlusskundgebung am Club »Grüner Jäger« am Rande des Schanzenviertels endete.

»No Monsanto« hat sich Benjamin Walter auf ein Pappschild gemalt, sein Kind ist vorne beim Demozug dabei, während er Flyer an die Menschen am Straßenrand verteilt. »Die Resonanz ist positiv, die Leute signalisieren Unterstützung«, freut sich Mittdreißiger. Er ist in die Demovorbereitung über den Kindergarten reingeschlittert. »Mehrere Eltern haben uns angesprochen, ob wir nicht mitmachen wollen und nun sind wir dabei«, sagt er und gibt einer Passantin einen der Zettel mit Informationen zum »March against Monsanto«.

Obwohl die Übernahme von Monsanto durch die Bayer AG aus Leverkusen beschlossene Sache ist, wirbt er für mehr Engagement bei Passanten. »Nichts tun, ist keine Alternative«, lautet sein Argument - trotz der von der EU-Kommission genehmigten Fusion der beiden Konzerne, die den Markt für Pestizide und Saatgut zu dominieren drohen. »Wir müssen unsere Entscheidung an der Ladenkasse treffen, denn es ist der Kunde, der entscheidet, was produziert wird. Das hat selbst Bayer-Chef Werner Baumann so formuliert«, erklärt Jacqueline Kardel in ihrer Rede. Sie ist Vorsitzende des Vereins machbar e.V., der zum vierten Mal die Demonstration angemeldet hat und dabei ist, Saatgutverteil-Stationen in Hamburg aufzubauen. »Wir wollen Vielfalt auf dem Acker und genau diese Vielfalt zerstören Unternehmen wie Monsanto/Bayer«, mahnt sie.

Bestes Beispiel dafür, wie die agroindustrielle Landwirtschaft Vielfalt zerstört, ist die Wirkungsweise von Glyphosat, dem international meistverkauften Totalherbizid. Es tötet praktisch alle Pflanzen, die nicht gentechnisch so verändert wurden, dass sie eine Resistenz gegen Glyphosat besitzen. Seit 1996 sei der Verkauf des Wirkstoffs, welcher von Monsanto unter dem Namen »Roundup« verkauft wird, aber auch von anderen Herstellern angeboten wird, um 800 Prozent in Deutschland gestiegen. Derzeit landeten rund 4000 Tonnen auf hiesigen Äckern, so eine Rednerin des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland. In wesentlich größeren Mengen kommt Glyphosat jedoch in Lateinamerika zum Einsatz, wo das Gros der weltweiten Sojaproduktion herkommt. 4,5 Millionen Tonnen Sojaschrot als Tierfutter importiere allein Deutschland aus Lateinamerika, vor allem aus Argentinien, Brasilien, Paraguay oder Bolivien.

Eine Realität, die vielen Konsumenten genauso wenig klar sei wie die Tatsache, dass dieser Sojaschrot meist aus gentechnisch veränderten Pflanzen stamme und Rückstände von Glyphosat enthalte. »So landen die Pflanzengifte bei uns auf dem Teller«, warnt Kardel, die 2015 erstmals am »Marsch gegen Monsanto« teilnahm. Der findet rund um den Globus statt, in Argentinien, wo Kinder mit möglicherweise durch Pestizide ausgelöste Missbildungen auf die Welt kommen, genauso wie in New York, New Delhi oder Hamburg. In der Hansestadt gab es aber 2015 keine Organisation, die den Marsch anmelden wollte und so übernahm Kardel die Aufgabe mit einer Hand voll UnterstützerInnen.

Der Kreis ist zwar größer geworden, aber die großen Umweltorganisationen sind in Hamburg nicht am Start, obwohl sie zumindest teilweise ihren Sitz in der Hansestadt haben, so eine Demonstrantin, die anonym bleiben will. »Uns ist immer noch nicht klar, wie weit die Folgen der agroindustriellen Agrarwirtschaft reichen. Die Parole ›Ihr solltet wissen, dass sie uns vergiften‹, ist längst Realität«, erklärt die Frau und rückt ihren Imkerhut zurecht. An dem prangt der Anstecker »Save The Bees«.

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