nd-aktuell.de / 30.05.2018 / Politik / Seite 4

Schiedsrichter

Personalie

Martin Ling

Wie Sergio Mattarella seine Rolle als Staatspräsident versteht, hatte er beim Empfang zum italienischen Fußballpokalfinale kundgetan: »Als ich gewählt wurde und danach meinen Schwur abgelegt hatte, beschrieb ich mich als unparteiischen Schiedsrichter und erhielt Applaus. Danach fügte ich hinzu, dass die Schiedsrichter Unterstützung von den Spielern bedürften, und erhielt - zu meiner eigenen Überraschung - erneut Applaus. Ein Schiedsrichter kann eine Partie nur gut lenken, wenn er von den Spielern eine bestimmte, ehrliche Unterstützung erfährt.«

Seit Mattarella das Spiel um die Regierung aus rechtsradikaler Lega und populistischer Fünf-Sterne-Bewegung fürs Erste abgepfiffen hat, haben die Spieler dieser beiden Parteien Mattarella den Kampf angesagt. Der Vorsitzende der Fünf Sterne, Luigi Di Maio, kündigte ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten im Parlament an. Lega-Chef Matteo Salvini sagte, Italien sei ein »von Deutschen, Franzosen und Bürokraten aus Brüssel finanziell besetztes Land«. Salvini drohte zudem mit Massenprotesten, sollten nicht umgehend Neuwahlen angesetzt werden.

Umgehende Neuwahlen sieht der Spielplan von Mattarella nicht vor, sondern eine technokratische Übergangsregierung unter dem Ökonomen Carlo Cottarelli bis Anfang 2019. Der in Palermo geborene, als introvertiert geltende Jurist, Christdemokrat und Berufspolitiker, der es auf sieben Legislaturperioden als Parlamentarier und mehrere Ministerämter brachte, gilt als strikter Hüter der Verfassung, die er als Unparteiischer gegen Angriffe zu verteidigen hat. Als ein Foul wertete er den Vorschlag der Lega, den Euro-Kritiker Paolo Savona als Wirtschafts- und Finanzminister zu berufen. Dessen antieuropäische Reden hätten schon in den vergangenen Tagen über höhere Zinsen und fallende Börsenkurse viel Schaden übers Land gebracht und würden noch viel mehr Schaden bringen. Seine Pflicht aber sei es, die Unternehmen und die Bürger Italiens vor Schaden zu bewahren. Punkt. Wenn sich die Lega nun mit ihm anlegt, legt sie sich mit Italiens populärstem Politiker an.