nd-aktuell.de / 31.05.2018 / Brandenburg / Seite 12

Wenn das Altenheim keinen Strom hat

DRK-Landesverband beschäftigt sich mit möglichen Katastrophen für die kritische Infrastruktur

Andreas Fritsche

Auf dem Parkplatz neben dem Van-der-Valk-Hotel in Blankenfelde-Mahlow steht am Mittwoch eine Arztpraxis auf Rädern - mit zwei Behandlungszimmern, einer kleinen Küche und einem Wartebereich mit Empfangstresen. Dieser speziell ausgebaute Sattelzug eines Lasters ist voll klimatisiert, und das ist angenehm bei der Hitze, die draußen herrscht. Die mobile Praxis des Deutschen Rotes Kreuzes (DRK) könnte überall stehen. Sie funktioniert ohne Anschluss ans Stromnetz.

Solche unabhängigen Systeme werden für den Notfall gebraucht und hier Mitarbeitern und Gästen des DRK vorgeführt, die im Kongressbereich des Hotels eine Tagung zu sogenannten kritischen Infrastrukturen besuchen. Referenten halten Vorträge darüber, was geschehen kann und muss, wenn beispielsweise das Stromnetz zusammenbricht. Der DRK-Landesverband verfügt über spezielle Einheiten für Katastropheneinsätze. Aber auch andere Beschäftigte der Hilfsorganisation, die in Krankenhäusern, Kitas oder Seniorenheimen arbeiten, müssen für Krisenfälle gerüstet sein.

Ein Stromausfall wäre für ein Altenheim noch gravierender als für einen Privathaushalt, erläutert Landeseinsatzleiter Wolfgang Reitsch. Die automatischen Türen, die Fahrstühle und die Beatmungsgeräte würden nicht mehr funktionieren und ebenso die Telefone. Es könnte im Notfall kein Rettungsdienst alarmiert werden. Außerdem könnte die Küche keine Mahlzeiten mehr zubereiten. Darum will das DRK seine Altenheime für den Betrieb mit Notstromaggregaten fit machen. Dafür brauche es außen einen speziellen Anschluss und außerdem die Möglichkeit, die Häuser vom Stromnetz zu trennen, erläutert Reitsch. Kostenpunkt: Je Haus etwa 700 Euro.

Kliniken verfügen sowieso über Notstromaggregate, bestätigt Einsatzleiter Reitsch. Aber der Brennstoff reicht nicht ewig. Einfach mit dem Kanister zur Tankstelle laufen, werde nichts nutzen. Denn die Pumpen der Tankstellen werden elektrisch betrieben. Ohne Strom können die Tankwarte weder Benzin noch Diesel abgeben.

Da weiß Robert Zückmantel vom Berliner Bezirksamt Lichtenberg Bescheid. Er arbeitete mit, als untersucht wurde, wie sich ein flächendeckender Stromausfall in der Hauptstadt auswirken würde - und berichtet nun darüber bei der DRK-Tagung. Es gebe in Berlin lediglich vier Tankstellen, die für den Ernstfall mit Notstrom versorgt sind, damit beispielsweise die Feuerwehr ihre Lösch- und Rettungsfahrzeuge weiter betanken könnte. Diese Lösung sei aber nicht für alle Bürger gedacht. Es werde absichtlich nicht bekanntgemacht, um welche Tankstellen es sich handelt, sagt Zückmantel. Seinen Angaben zufolge hält das zur Charité gehörende Benjamin-Franklin-Klinikum 500 000 Liter Kraftstoff für seine Notstromaggregate bereit. Doch diese gewaltige Reserve würde auch nur für 24 Stunden ausreichen. Deswegen sei vorgesehen, das Tanklager am Westhafen mit Notstrom auszurüsten, weil dort auf riesige Mengen zurückgegriffen werden könnte.

Warum befasst sich das DRK ausgerechnet jetzt mit der Katastrophengefahr? »Weil wir in der Vergangenheit zu viel davon erlebt haben«, sagt Einsatzleiter Reitsch. Er erinnert daran, wie die Ortschaft Leegebruch im Sommer 2017 nach sintflutartigen Regenfällen tagelang unter Wasser stand und deswegen der Strom und die Kanalisation ausfielen. Ähnliches könne bei Hochwasser geschehen.