nd-aktuell.de / 30.05.2018 / Ratgeber / Seite 23

Berliner Lehrerin darf nicht mit Kopftuch unterrichten

Urteil des Arbeitsgerichts in Berlin

In Berlin bleibt es vorerst beim Kopftuchverbot für Lehrerinnen an allgemeinbildenden Schulen. Das Arbeitsgericht in Berlin wies mit Urteil vom 9. Mai 2018 (Az. 60 Ca 8090/17) die Klage einer muslimischen Grundschullehrerin ab, die mit Kopftuch vor der Klasse stehen wollte (nd berichtete).

Mit dem Urteil bestätigte das Gericht das Berliner Neutralitätsgesetz. »Es ist gültig, es ist nicht verfassungswidrig, es ist anzuwenden«, sagte Richter Arne Boyer. Die Klage sei unbegründet. Das Neutralitätsgesetz untersagt Berliner Polizisten, Lehrern an allgemeinbildenden Schulen und Justizmitarbeitern, religiös geprägte Kleidungsstücke im Dienst zu tragen. Eine Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil ist möglich. Eine Güteverhandlung im August 2017 vor dem Arbeitsgericht war ohne Ergebnis geblieben.

Die junge Frau hatte vor der Einstellung bejaht, dass sie das Gesetz kenne. Sie war einen Tag an einer Grundschule und wurde wegen ihres Kopftuchs einem Oberstufenzentrum mit älteren Schülern zugewiesen, wo das Kopftuch erlaubt ist. Sie ist derzeit in Elternzeit.

In der mündlichen Verhandlung Mitte April hatte das Gericht zu erkennen gegeben, dass die Rechtslage nicht eindeutig sei. Hintergrund ist die unter Verfassungsrechtlern umstrittene Frage, inwieweit das Berliner Neutralitätsgesetz mit seinem strikten Verbot religiöser Symbole gegen die grundgesetzliche Religions- und Berufsfreiheit verstößt. Das Landesarbeitsgericht hatte im vergangenen Jahr in einem Urteil das Neutralitätsgesetz bei verfassungskonformer Auslegung mit dem Grundgesetz für vereinbar erklärt.

Auch im aktuellen Urteil betonte Richter Boyer, die Kammer halte das Neutralitätsgesetz für richtig. Jede religiöse Person dürfe in Berlin unterrichten, es aber nicht nach außen zeigen. Die Religionsfreiheit müsse hinter einer neutralen Ausgestaltung der Schulen zurückstehen.

Die Klägerin kam nicht zur Urteilsverkündung. Ihre Anwältin sagte, über eine Berufung werde sie mit ihrer Mandantin beraten. In einem zweiten Verfahren fordert die Klägerin vom Land eine Entschädigung, weil sie wegen ihrer Religion benachteiligt worden sei.

Die Anwältin und liberale Moschee-Gründerin Seyran Ates, die die Bildungsverwaltung vertritt, begrüßte das Urteil. Es wäre die sauberste juristische Lösung, das Gesetz dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, sagte sie. Für das Antidiskriminierungsnetzwerk des Türkischen Bundes sagte Zeynep Cetin zu dem Urteil: »Wir sind sehr traurig.« Sie sprach von einem Berufsverbot für eine Gruppe religiöser Menschen.

Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits 2015 ein pauschales Kopftuchverbot an nordrhein-westfälischen Schulen gekippt und die Bedeutung der Religionsfreiheit betont. Allein vom Tragen eines Kopftuches geht demnach keine Gefahr aus. In den Bundesländern wird das Thema unterschiedlich gehandhabt. In Bremen etwa dürfen Lehrerinnen ein Kopftuch tragen, in Nordrhein-Westfalen und Bayern wird das Tragen immer im Einzelfall geprüft. dpa/nd