nd-aktuell.de / 01.06.2018 / Politik / Seite 2

YouTube statt Politik?

Was beschäftigt junge Menschen, worüber reden sie auf dem Schulhof? Trump und AfD? Oder doch nur den neuesten Internethype? Unser Autor, 14 Jahre alt, berichtet

Tristan Amberger

Die »Generation YouTube«, wie sie umgangssprachlich manchmal gern genannt wird, die interessiert sich doch nur noch für PC-Spiele, Smartphones und Selfies, da fällt doch kein Wort über Politik. Doch ist das wirklich wahr?

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Wenn ich über meinen Schulhof laufe, höre ich Gespräche über etliche Dinge, doch über Politik kommt mir tatsächlich selten etwas zu Ohren. Anders verhält es sich, wenn man sich mal auf ein längeres Gespräch mit den Leuten einlässt. Nach Ereignissen wie Wahlen werden bestimmte Themen dann nämlich schon angesprochen. Zum Beispiel die Unzufriedenheit mit dem Wahlsieg Donald Trumps in den USA oder die erschreckend hohe Prozentzahl, die die AfD bei der Bundestagswahl 2017 erlangte.

Obwohl man schon sagen kann, dass an meiner Schule die AfD ziemlich unbeliebt ist. Das hat verschiedene Gründe. Zum Beispiel kommen viele an der Schule aus ursprünglich nichtdeutschen Familien, weshalb sie von vornherein oft nicht gut auf die Rechtspopulisten zu sprechen sind. Das merkt man daran, wie schlecht die Leute über die AfD reden oder wie sie reagieren, wenn jemand etwas Rassistisches sagt.

Eine Freundin von mir ist auch sehr aktiv in der linken Szene, sie geht regelmäßig auf Demonstrationen, vergangenes Wochenende war sie zum Beispiel auf der Demo »AfD wegbassen«. Außerdem geht sie zu linken Festivals wie dem »Rhythm against racism«, das dieses Jahr am 30. April in Potsdam stattfand.

Man kann also nicht sagen, dass Politik keine Rolle spielt. Auch unsere Lehrer führen ab und zu im Unterricht Projekte zum Thema durch. Zum Beispiel bilden wir in Gesellschaftswissenschaften gerade Parteien, die alle ein Programm vorstellen sollen und darin ihre Ziele festlegen. Nachdem die Parteien ihre Programme vorgestellt haben, wird es eine Wahl geben, bei der die Partei mit den meisten Stimmen und den besten Kandidaten gewinnt. Außerdem behandelten wir im Unterricht auch die Weimarer Republik, und zogen Vergleiche zur heutigen politischen Situation in Deutschland.

Auch an meiner Grundschule war Politik schon ein wichtiges Thema. Die Schüler unterhielten sich schon damals, wenn auch nicht so intensiv, über Politik, und die Lehrer führten die Schüler in die Thematik ein. So besuchten wir einmal den Bundestag und bekamen eine Führung, bei der uns ein Mitarbeiter über das politische System der Bundesrepublik informierte.

Die meisten meiner Bekannten stehen eher links, wenn es um Themen wie die in den vergangenen Jahren in die Bundesrepublik gekommenen Flüchtlinge geht. Für die Schülerzeitung habe ich mich einmal in einer Flüchtlingsunterkunft umgesehen und mit einem der Geflüchteten gesprochen. Die Situation dort hat mich sehr schockiert, es gab zu wenig Toiletten und sehr viele Leute mussten in einem Raum schlafen. Außer einem Maltisch hatten die Kinder kaum Beschäftigungsmöglichkeiten und auch wenig Spielzeug.

Bei mir Zuhause ist Politik durchaus auch schon am Frühstücks- oder Abendbrottisch ein Thema. Meine Eltern arbeiten allerdings auch beide im politischen Bereich. Alles in allem würde ich sagen, dass die »Generation YouTube« durchaus politikinteressiert ist.

Unser Autor ist 14 Jahre alt und lebt in Berlin. Er hat schon mehrfach für die Kinderseite des »nd« geschrieben.

Links:

  1. https://dasnd.de/kindertag