nd-aktuell.de / 16.06.2018 / Kultur / Seite 16

Gesammeltes Reden, gesammeltes Schweigen

Die Kurzgeschichte »Dr. Murkes gesammeltes Schweigen« von Heinrich Böll erschien erstmals 1955. Sie handelt von einem jungen Rundfunkredakteur (Dr. Murkes), der vom Intendanten den Auftrag erhält, einen bereits aufgezeichneten Vortrag eines Intellektuellen so zu bearbeiten, dass das Wort »Gott« an jeder Stelle, an der es gesprochen wurde, durch die Formulierung »jenes höhere Wesen, das wir verehren« ausgetauscht wird. Der Text ist eine Satire auf den Umgang mit der faschistischen Vergangenheit in der jungen Bundesrepublik, erzählt aber auch von der fantasievollen, stillen und dennoch hartnäckigen Zivilcourage des Einzelnen.

Bölls erklärtes Ziel, das öffentliche Bewusstsein der Bundesrepublik Deutschland zu verändern, ist bis heute relevant. Die Schauspielerin Hanna Schygulla liest diese Kurzgeschichte am Sonntag auf einer Benefiz-Veranstaltung für junge Geflüchtete. Zusammen mit Jugendlichen aus dem Projekt »100 Berliner Gesichter«, dem jungen Volksbühnen-Schauspieler Jens Bluemlein und mit jungen Musikern spricht Hanna Schygulla über das Leben in der Fremde und das Ankommen in einer neuen Heimat. Die jungen Geflüchteten und in Berlin aufgewachsene Jugendliche stellen gemeinsam die von ihnen verfassten Interviewfragen vor, beispielsweise: »Was siehst du, wenn du aus dem Fenster schaust?«, »Wie sieht dein Alltag aus?«, »Was würdest du dir wünschen, was man nicht mit Geld bezahlen kann?« nd Foto: Jim Rakete - courtesy Schirmer/Mosel Munich.

17. Juni, 12 Uhr, Filmkunst 66, Bleibtreustraße 13, Charlottenburg.