nd-aktuell.de / 27.06.2018 / Ratgeber / Seite 24

Kein Schnäppchen, kein Rabatt

Vorkaufsrecht

Birgit Leiß

Ein Vorkaufsrecht hat man nur dann, wenn eine Mietwohnung erstmalig in Einzeleigentum umgewandelt wird - nicht jedoch, wenn man bereits in eine Eigentumswohnung gezogen ist und diese erneut den Besitzer wechselt oder wenn das ganze Haus veräußert wird. Nicht zum Zug kommen Mieter außerdem, wenn der Vermieter die Wohnung verschenkt oder an einen Familien- oder Haushaltsangehörigen verkauft.

Vorkaufsrecht heißt weder, dass man seine Wohnung als Erster zum Kauf angeboten bekommt, noch dass man auf einen Rabatt hoffen darf. Vielmehr darf der Vermieter die Wohnung ganz offiziell vermarkten und sogar einen notariell beglaubigten Kaufvertrag mit einem Dritten abschließen. Erst dann ist er verpflichtet, den Mieter zu informieren und ihn ausdrücklich auf dessen Vorkaufsrecht hinzuweisen. Der Mieter erfährt damit, wer die von ihm bewohnte Wohnung gekauft hat und zu welchem Preis.

Zwei Monate Zeit

Laut Gesetz bleiben ihm ab Zugang des Schreibens zwei Monate Zeit, in diesen bereits geschlossenen wirksamen Kaufvertrag einzutreten - zum gleichen Preis und zu den gleichen Konditionen. Der Erstkäufer hat dann das Nachsehen, erklärt Frank Maciejewski, Rechtsexperte beim Berliner Mieterverein (BMV). »Der hat das aber gewusst, denn der Notar muss darauf hingewiesen haben.«

Nicht selten werden Mieter von den Kaufinteressenten telefonisch gedrängt, sich zu entscheiden. Manchmal will sogar der Eigentümer im Vorfeld einer geplanten Umwandlung schon mal einen schriftlichen Verzicht auf das Vorkaufsrecht. Eine solche Erklärung ist bindend, erklärt Frank Maciejewski: »Es gibt aber keinen Grund, sich darauf einzulassen.«

Die wenigsten Mieter können es sich leisten, ihre Wohnung zu kaufen, weiß Stefan Schetschorke, Leiter der BMV-Rechtsabteilung: »Angesichts der Mondpreise, die in Berlin mittlerweile verlangt werden, ist das für Durchschnittsverdiener unerschwinglich.« Und wenn man dennoch kaufen will? Es genügt eine - unbedingt schriftliche - Mitteilung an den Vermieter oder den Notar, dass man von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen will.

Doch Vorsicht: Man tritt damit ohne weitere Formalitäten automatisch in den Kaufvertrag ein. Wer das Vorkaufsrecht geltend macht, dann aber beispielsweise einen für den Kauf notwendigen Kredit nicht bekommt, macht sich schadenersatzpflichtig.

Tricksereien zur Aushebelung des Vorkaufsrechts sind gang und gäbe. Oft erfahren die Mieter erst im Nachhinein vom Verkauf ihrer Wohnung. Manchmal sollen Wohnungen umgebaut oder zusammengelegt werden. Oder sie wurden im Paket verkauft, und der Investor will sich nicht mit dem Vorkaufsrecht einzelner Mieter herumplagen.

Grundsätzlich gilt in solchen Fällen: Ist der Käufer bereits im Grundbuch eingetragen, ist es zu spät. Dann kommt allenfalls Schadenersatz in Betracht - sofern ein Schaden eingetreten ist. Den Mieter trifft die Beweislast dafür, dass er - hätte er es gewusst - das Vorkaufsrecht auch tatsächlich ausgeübt hätte.

Zehn Jahre Schutz bei Eigenbedarfskündigung

Wer nicht kaufen will, muss gar nichts unternehmen. In Berlin ist man nach einer Umwandlung zehn Jahre lang vor einer Kündigung geschützt. Erst danach wäre gegebenenfalls eine Kündigung wegen Eigenbedarfs möglich. Die Kündigungssperrfrist greift nicht, wenn der Mieter in eine bereits umgewandelte Eigentumswohnung eingezogen ist. Für Kündigungen wegen schuldhafter Pflichtverletzung des Mieters gilt der Schutz nicht.

Aus: MieterMagazin 6/2018