nd-aktuell.de / 02.07.2018 / Berlin / Seite 11

Syrer sollen mit Heimatbehörden kooperieren

Aktivisten: Ausländerbehörde fordert Geflüchtete auf, ihre Pässe auf der Botschaft verlängern zu lassen

»Es ist ein Skandal, dass syrische Geflüchtete zur Kooperation mit ihren Heimatbehörden gezwungen werden«, sagt Sophia Deeg von der Free Syria Action Group, einem Zusammenschluss Berliner Aktivisten mit und ohne syrischem Hintergrund. Seit einiger Zeit häufen sich Berichte darüber, dass syrische Geflüchtete von deutschen Behörden aufgefordert werden, die syrische Botschaft in Berlin aufzusuchen, um ihren Pass zu verlängern oder ihre Identität bestätigen zu lassen, heißt es vonseiten des Bündnisses. Insbesondere werde berichtet, dass in Berlin seit Mai 2018 keine Reiseausweise für SyrerInnen und andere Ausländer mehr ausgestellt würden, sondern stattdessen ein Botschaftsbesuch für Dokumente verlangt werde.

»Wenn Du einen Schritt weiter kommen willst, musst Du zur Botschaft gehen und Deine Daten abgleichen lassen«, hieße es immer öfter bei der Innensenator Andreas Geisel (SPD) unterstellten Ausländerbehörde oder auch bei Jobcentern, berichtet Deeg.

Das Bündnis will diesen Montag vor dem Sitz der Ausländerbehörde in Moabit gegen diese Praxis demonstrieren. Denn sie sei aus mehreren Gründen problematisch. »Es ist eine Zumutung für Menschen, die vor dem Regime geflohen sind, mit den dortigen Behörden wieder zu kooperieren«, so Deeg. Außerdem sei der syrische Geheimdienst ganz klar präsent in der Botschaft. »Somit erfahren die syrischen Behörden den Aufenthaltsort und anderes über diejenigen, die in der Botschaft vorsprechen«, erklärt die Aktivistin. Das könne die vom Regime Verfolgten, die hier Zuflucht gefunden haben, sowie deren persönliches Umfeld - auch in Syrien - in große Gefahr bringen. Auch das eigene Asylverfahren könne dadurch gefährdet werden. »Wenn Geflüchtete so locker und selbstverständlich sich in der Botschaft zeigen können kann die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft der Asylberechtigung dadurch erlöschen«, sagt Deeg.

Zu guter Letzt ist es auch eine Geldfrage. Laut Angaben der Aktivisten verlangen die syrischen Behörden für die Ausstellung oder Verlängerung eines Passes je nach Dringlichkeit zwischen 165 und 725 Euro. »Einerseits ist das viel Geld für die Geflüchteten, andererseits würden auf längere Sicht dem Regime dreistellige Millionenbeträge zufließen«, erklärt Deeg.

»Dass Geflüchtete mit einem Regime, das von ihnen verlangt, als Soldaten zu kämpfen, kooperieren sollen, geht überhaupt nicht«, empört sich Hakan Taş, migrationspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, auf nd-Anfrage. Sollten sich die Angaben bestätigen werde er sofort bei der Innenverwaltung intervenieren. Verwaltungssprecher Martin Pallgen hat bisher keine Kenntnis von dieser Praxis.