nd-aktuell.de / 04.07.2018 / Ratgeber / Seite 23

Es gibt keine gesetzlichen Ansprüche

Fragen & Antworten zum Urlaubsgeld

Haben Mitarbeiter einen Anspruch auf Urlaubsgeld?

Einen gesetzlichen Anspruch auf Urlaubsgeld haben Arbeitnehmer nicht. Ein Urlaubsgeldanspruch kann sich aber aus folgenden Gründen ergeben: Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, Arbeitsvertrag oder betriebliche Übung.

Können Arbeitgeber das Urlaubsgeld ohne Weiteres streichen, wenn es im Arbeitsvertrag festgelegt ist?

Grundsätzlich gilt: Ist das Urlaubsgeld im Arbeitsvertrag zugesichert, muss der Arbeitgeber es auch in schlechten Jahren zahlen - es sei denn, die Regelung zum Urlaubsgeld enthält einen Widerrufsvorbehalt. Damit lässt sich ein Anspruch in der Zukunft unter bestimmten Bedingungen ausschließen.

Wichtig ist dabei: Die Bedingungen für den Widerruf müssen klar genannt werden. Ein schlichter Hinweis auf wirtschaftliche Gründe reicht nicht. Vielmehr muss der Widerruf an konkrete Widerspruchsgründe geknüpft sein, die bereits im Vertrag vereinbart werden müssen. Ein möglicher Grund: dass der Umsatz um einen bestimmten Prozentsatz gesunken ist.

Auch der Hinweis im Arbeitsvertrag, dass das Urlaubsgeld freiwillig gezahlt werde, reicht nicht aus. So urteilte das Bundesarbeitsgericht (Az. 9 AZR 255/99) im April 2000, dass Arbeitgeber auch dann Urlaubsgeld auszahlen müssen, wenn es als »freiwillige soziale Leistung« im Vertrag vermerkt wurde. Die Formulierung könne man auch so verstehen, dass sich der Arbeitgeber freiwillig zur Zahlung von Urlaubsgeld verpflichte.

Wie entsteht ein Urlaubsgeldanspruch durch betriebliche Übung?

Auch wenn das Urlaubsgeld nicht ausdrücklich im Arbeits- oder Tarifvertrag festgeschrieben ist, kann die Zahlung für den Arbeitgeber zur Pflicht werden: wenn es dreimal gezahlt wurde ohne Hinweis darauf, dass die Sonderzahlung freiwillig erfolgt. Mit einem Hinweis auf die »betriebliche Übung« können die Mitarbeiter in Zukunft Urlaubsgeld verlangen, selbst wenn es gar nicht im Arbeits- oder Tarifvertrag vorgesehen ist.

Wie können Arbeitgeber verhindern, dass ein Urlaubsanspruch durch betriebliche Übung entsteht?

Wer einen Urlaubsanspruch durch betriebliche Übung verhindern will, sollte seine Angestellten bei der Zahlung jedes Mal neu darüber informieren, dass das Urlaubsgeld freiwillig ist und auch bleibt.

Die Formulierung des Freiwilligkeitsvorbehalts birgt aber einige Tücken: Allein das Wort »freiwillig« genügt den Gerichten nicht, denn so werden oft alle übertariflichen Leistungen bezeichnet. Ebenfalls unwirksam: »freiwillig und jederzeit widerruflich«.

Gerichtsfest ist dagegen die folgende Formulierung: »Das Urlaubsgeld ist eine Sonderzahlung zur Honorierung der Betriebszugehörigkeit. Es wird kein Anspruch auf eine solche Zahlung für die Zukunft begründet. Jedes Jahr wird über den Grund und die Höhe des Urlaubsgeldes neu entschieden. Selbst bei mehrfacher Zahlung entsteht kein Anspruch für die Zukunft.«

Dürfen Arbeitgeber das Urlaubsgeld bei Krankheit kürzen?

Eine Kürzung des Urlaubsgeldes bei Krankheit ist gesetzlich zulässig. Das Entgeltfortzahlungsgesetz regelt in Paragraf 4 Folgendes: Die Kürzung darf für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit ein Viertel des Arbeitsentgelts, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt, nicht überschreiten. Voraussetzung hierfür ist, dass die Kürzung vertraglich festgeschrieben ist und der Vertrag einen wirksamen Freiwilligkeitsvorbehalt enthält.

Müssen Arbeitnehmer Urlaubsgeld bei Kündigung zurückzahlen?

Grundsätzlich müssen sie das nicht. Eine entsprechende Rückzahlungspflicht kann allerdings im Arbeitsvertrag vereinbart werden. Voraussetzung hierfür ist, dass mit dem Urlaubsgeld die Betriebstreue belohnt wird. Dafür sprechen Formulierungen wie »Für jeden Monat der Betriebszugehörigkeit im jeweiligen Urlaubsjahr entsteht ein Urlaubsgeldanspruch in Höhe von einem Zwölftel.«

Hat ein Arbeitnehmer anteilig Anspruch auf Urlaubsgeld, wenn er vor dem Stichtag der Urlaubsgeldzahlung ausscheidet?

Unter Umständen hat der Beschäftigte selbst dann einen anteiligen Anspruch auf Urlaubsgeld, wenn er aus dem Unternehmen ausscheidet, bevor die Sonderzahlung fällig wird. Das gilt dann, wenn es nicht als Treueprämie gezahlt wird (wie vor allem beim Weihnachtsgeld üblich), sondern als zusätzliche Vergütung für geleistete Arbeit.

Das Bundesarbeitsgericht (Az. 9 AZR 981/12) hat jedoch in einem Urteil vom Juli 2014 die Vertragsklausel »Voraussetzung des Urlaubsgeldes ist ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis« für zulässig erklärt. Im verhandelten Fall stellte das Urlaubsgeld keine Gegenleistung für bereits geleistete Arbeit dar - der Vertrag enthielt die Formulierung: »Der Anspruch auf das zusätzliche Urlaubsgeld entsteht gleichzeitig mit dem Urlaubsanspruch.«

Darf das Urlaubsgeld auf den Mindestlohn angerechnet werden?

Ende Mai 2016 hat das Bundesarbeitsgericht (Az. 5 AZR 135/16) entschieden, dass Sonderzahlungen wie Urlaubsgeld in bestimmten Fällen angerechnet werden dürfen, um die Vorgaben des Mindestlohngesetzes zu erfüllen. Das gilt dann, wenn die Sonderzahlungen verlässlich erfolgen und wie ein Entgelt für tatsächliche Arbeitsleistungen zu verstehen sind. Das heißt, die Sonderzahlungen sind nicht an einen besonderen Zweck gebunden wie eine Prämie für langjährige Betriebszugehörigkeit. Im verhandelten Fall hatte der Arbeitgeber Urlaubsgeld gezahlt, weil das so im Arbeitsvertrag vereinbart war - unabhängig davon, ob die Arbeitnehmerin in den Urlaub fuhr.

Was ist der Unterschied zwischen Urlaubsgeld und Urlaubsentgelt?

Urlaubsentgelt ist die Lohnfortzahlung, die der Arbeitgeber zu leisten hat, während ein Mitarbeiter seinen vertraglich festgelegten Urlaub nimmt. Urlaubsgeld hingegen ist eine freiwillige Leistung, die manche Arbeitgeber zusätzlich zum Gehalt zahlen. Wie eingangs betont, gibt es keinen gesetzlichen Anspruch auf Urlaubsgeld. Urlaubsentgelt hingegen muss jeder Arbeitgeber zahlen. Dazu verpflichtet ihn Paragraf 1 des Bundesurlaubsgesetzes. Darin heißt es. »Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.« nd