nd-aktuell.de / 04.07.2018 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 17

Mindestlohn ist gut für die Wirtschaft

Studie zeigt positive Effekte auf die Konjunktur

Berlin. Laut waren die Warnrufe von Wirtschaftsvertretern, bevor der Mindestlohn eingeführt wurde. Die Lohnuntergrenze würde zu erheblichen Wachstumseinbußen führen, Arbeitsplätze kosten, die Wirtschaft überfordern, hieß es. Doch eine neue Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zeigt, dass der Mindestlohn die deutsche Wirtschaftsleistung konstant um bis zu ein halbes Prozent erhöht.

»Er hat mit dazu beigetragen, dass Deutschland auf einen stabileren Wachstumskurs eingeschwenkt ist, der nicht nur auf Exporterfolgen, sondern auch auf einem stabilen Wachstum der Binnennachfrage beruht«, schreiben die Ökonomen über den Mindestlohn. Das liege vor allem daran, dass er Geringverdienern im Schnitt 18 Prozent mehr Gehalt bringe, so die Konjunkturforscher. Auch angrenzende Lohngruppen profitierten. Durch die höheren Löhne nehme der Konsum um 0,5 bis 0,7 Prozent zu, was das Wachstum anrege. Damit falle das Bruttoinlandsprodukt über einen Zeitraum von zehn Jahren durchgehend um 0,25 Prozent höher aus als ohne die Lohnuntergrenze. Gebe der Staat seine Mehreinnahmen, etwa höhere Steuern, wieder aus, steige die Wirtschaftsleistung sogar doppelt so stark.

Die von Kritikern vorausgesagten Jobverluste durch den Mindestlohn träten dagegen nicht ein. »Die Wachstumseffekte fallen auch deshalb so positiv aus, weil die Beschäftigung weitestgehend stabil bleibt«, schreiben die Forscher des gewerkschaftsnahen Instituts. Zwar fielen Minijobs weg. Sie würden aber zu einem großen Teil in normale sozialversicherte Arbeitsplätze umgewandelt, so dass sich am Arbeitsvolumen insgesamt nichts ändere.

Allerdings ist der Mindestlohn nach wie vor eher niedrig angesetzt. Oft sei er nicht einmal existenzsichernd, bilanzierten die IMK-Experten vor einigen Wochen in einer anderen Studie zum Mindestlohn. 2017 waren demnach nach wie vor mehr als 190 000 Beschäftigte trotz Vollzeitjob zusätzlich auf Hartz IV angewiesen.

Der Mindestlohn wurde 2015 eingeführt. Die unabhängige Kommission zum Mindestlohn hatte in der vergangenen Woche empfohlen, die gesetzliche Lohnuntergrenze bis 2020 von heute 8,84 Euro auf 9,35 pro Stunde anzuheben. AFP/nd